Rheinberg Abschluss ist gefährdet, wenn Stadt nicht zahlt

Rheinberg · Alexander Albrecht ist als Autist stark gehandicapt. Der 16-jährige Europaschüler aus Rheinberg hatte bisher einen Integrationshelfer. Die Stadt will diese Stelle in der zehnten Klasse nicht mehr finanzieren.

 Als Autist ist Alexander Albrecht stark gehandicapt. Trotzdem hilft der 16-jährige seiner Mutter Ulrike Albrecht im Haushalt.

Als Autist ist Alexander Albrecht stark gehandicapt. Trotzdem hilft der 16-jährige seiner Mutter Ulrike Albrecht im Haushalt.

Foto: Armin Fischer

Ulrike Albrecht kämpft für ihre Kinder. Die 44-jährige Rheinbergerin, alleinerziehende Mutter, hat zwei Söhne: Thomas (14) und Alexander (16). Beide sind Autisten, sind von der Lernfähigkeit und vom sozialen Verhalten her stark eingeschränkt. In den Sommerferien mit Freunden Fußball spielen, schwimmen oder Eis essen - das alles können die Jungs bestenfalls dann, wenn ihre Mutter sie dabei unterstützt.

Ulrike Albecht hat einen Wunsch: "Ich möchte, dass meine Kinder später einmal im Rahmen ihrer Möglichkeiten selbstständig leben können", sagt sie. Deshalb hat sie sich dafür eingesetzt, dass Thomas und Alexander die Europaschule besuchen dürfen. Der jüngere Sohn besuchte zunächst die Förderschule für geistig behinderte Kinder des Kreises Wesel in Bönninghardt, der ältere war eine Zeitlang auf einer Sprachheilschule in Essen, fühlte sich dort aber nicht wohl. Beide wechselten dann auf die Rheinberger Gemeinschaftsschule, wo sie zusätzlich sonderpädagogisch gefördert werden.

Alexander kommt jetzt in die zehnte Klasse. Seine zehnjährige Schulpflicht hat der Junge bereits absolviert, weil er durch den Schulwechsel eine Klasse wiederholt hat. Ulrike Albrecht: "Ich möchte, dass Alexander den Hauptschulabschluss schafft, um anschließend in einer entsprechenden Einrichtung eine Berufsausbildung machen zu können." Am liebsten würde der 16-Jährige "irgendetwas mit dem Computer" machen.

Um das zehnte Schuljahr bestehen zu können, ist Alexander auf einen Integrationshelfer angewiesen. Einen solchen Assistenten, der sich ausschließlich um ihn kümmert, hatte er seit der fünften Klasse. Doch nun will die Stadt Rheinberg ihn nicht mehr bezahlen.

Ausgangspunkt für diese Entscheidung war die Einschätzung von Alexanders Lehrerin. "Sie war der Meinung, dass mein Sohn nicht mehr gefördert werden kann", sagt Ulrike Albrecht. Nach Auffassung der Mutter widerspricht die Schule damit dem Ziel, dass auch gehandicapte Kinder beschult werden. "Ich bin ein großer Fan von Inklusion und Integration", sagt die Rheinbergerin. "Und ich habe lange dafür gekämpft, dass meine Söhne davon profitieren können." Dass es an der Europaschule nur zweieinhalb Sonderpädagogenstellen für jetzt 900 Schüler gibt, sei nicht zu verstehen.

Norbert Giesen, Direktor der Europaschule, hält sich mit einem Urteil zurück, weil er auch Verständnis für die finanzielle Situation der Stadt hat. "Klar ist, dass Alexander zu unserer Schule gehört. Er ist ein lieber Junge. Und klar ist auch, dass er seinen Hauptschulabschluss nur schaffen kann, wenn ihm ein Integrationshelfer zur Seite gestellt werden kann. Denn Alexander besucht eine Regelklasse und wird zusätzlich individuell gefördert."

Heute hat Ulrike Albrecht ein Gespräch mit den Verantwortlichen bei der Stadt Rheinberg. Sozialdezernentin Rosemarie Kaltenbach hat Verständnis für das Engagement von Ulrike Albrecht. Doch könne die Stadt darauf keine Rücksicht nehmen: "Als Stadtverwaltung muss und darf es uns ausschließlich um den Jungen gehen. Deshalb werden wir versuchen, für ihn die beste Lösung zu finden", sagt sie. Die nicht unerheblichen Kosten für einen Integrationshelfer müsste die Stadt zu 100 Prozent tragen.

(up)
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