"Eine Hexe aus Neuss" zum Ökumenischen Frauen-Frühstück Zu Unrecht verleumdet und getötet

Da hatte Christel Hauft wohl Recht: Ein lustiger Vortrag war das gewiss nicht, was den rund 90 Frauen wenige Minuten zuvor zum "Frauen-Frühstück" im Papst-Johannes-Haus serviert worden war. Aber er ging den Zuhörerinnen unter die Haut. Das 15. Jahrhundert brachte vielen Frauen nur den Tod, weil sie beschuldigt wurden, als Hexe für allerlei angebliche Untaten verantwortlich zu sein. Häufig wurden sie - wie hier auf dem Holzstich - bei lebendigen Leibe verbrannt. Repro: Woitschützke

Da hatte Christel Hauft wohl Recht: Ein lustiger Vortrag war das gewiss nicht, was den rund 90 Frauen wenige Minuten zuvor zum "Frauen-Frühstück" im Papst-Johannes-Haus serviert worden war. Aber er ging den Zuhörerinnen unter die Haut. Das 15. Jahrhundert brachte vielen Frauen nur den Tod, weil sie beschuldigt wurden, als Hexe für allerlei angebliche Untaten verantwortlich zu sein. Häufig wurden sie - wie hier auf dem Holzstich - bei lebendigen Leibe verbrannt. Repro: Woitschützke

Schließlich erzählte er von einer Zeit, als Frauen selbst nur auf vage Vermutungen hin auf dem Scheiterhaufen einen schrecklichen Tod starben - von den Qualen der meist zuvor erlittenen Folterung ganz zu schweigen. Die stellvertrende Direktorin des Clemens-Sels-Museum, Dr. Gisela Götte, hatte Hester Meurer, "Eine Hexe in Neuss" - so der Titel ihres Referats - in den Mittelpunkt ihrer Ausführungen gestellt und mit ihrem engagiertem Bericht der 1635 hingerichteten Frau den "Frühstücks"-Kreis in ihren Bann gezogen.

Hester Meurer, geborene Jonas, war 62 Jahre alt, als sie starb. Als Hexe getötet, abgeurteilt von Gerichtsherren, Geistlichen und Bürgermeister nur aufgrund fragwürdiger Aussagen einiger Bürger. So wurde ein von Würmern und Ameisen befallener Kalbsschinken (offenbar schlecht gelagert) Hester Meurer angelastet. Nach ihrem Besuch in einem Stall starben die drei besten Mastschweine - noch Grund, Hester Meurer zu beschuldigen.

Ein Mann behauptete gar, dass seine Tochter durch den Verzehr von Äpfeln, die Hester Meurer gebracht hatte, krank geworden war. Außerdem soll die Hausfrau eine Alraune herumgezeigt haben und mit dem Teufel als Geliebten im Bunde gewesen sein. Als sie einmal zu Hause nackt auf ihrem Bett lag, rief ihr Ehegatte zwei Männer herbei und ließ ihr die Hände brechen.

Nur Beweismittel

Beispiel um Beispiel fügte Gisela Götte aneinander, mit Informationen, die noch in den im Original vorhandenen Prozessakten im Neusser Stadtarchiv nachzulesen sind. Präzise formulierte verleumderische Bürgeraussagen, Widersprüche und Rechtfertigungen holte die Historikerin zurück ans Licht.

Demnach war es war in dieser Zeit recht leicht, einen Menschen als Hexe zu verdächtigen - als Folge aus simplen Streitigkeiten zwischen Nachbarn oder Verwandten, aus "unmoralischem Verhalten" oder einfach unsozialen, negativen Wahrnehmungen von Mitmenschen. So wurde auch Hester Meurer tagelang mit Vorwürfen konfrontiert, zahlreicher Untaten verdächtigt, die die Frau unter Folter bestätigen sollte, die sie zugab und dann widerrief.

Systematisch, so führte Götte aus, wurde das Selbstbewusstsein der Frau zerstört. Offensichtlich litt sie zudem an Epilepsie - was als Grund für ihre Unglaubwürdigkeit herhielt und den Bürgern den Anlass lieferte, sie mit gutem Gewissen auszugrenzen. "Die Folter war in diesem Prozess nur Beweismittel, keine Strafmaßnahme. Die Frau wurde wegen Schadenszauber an Mensch und Tier verurteilt", berichtete Götte weiter, auch ihr Mann Peter habe in diesem Prozess kein entlastendes Wort für seine Frau gefunden.

Keine Seltenheit in der damaligen Zeit; Fürsprecher für die der Hexerei beschuldigten Frauen waren rar, einer der wenigen, aber dafür voller Leidenschaft, war der 1592 geborene Jesuit Friedrich Spee von Langenfeld, der Geistliche und weltliche Fürsten gleichermaßen scharf anklagte. Spee stellt nach der Beichte der Frauen ohne Ausnahme deren Unschuld fest.

Hester Meurer jedoch wurde verurteilt und am Heiligen Abend 1635 an der Windmühle in Neuss mit einem Schwert, das immer noch im Kölner Stadtmuseum zu sehen ist, enthauptet und anschließend verbrannt. Ihr Mann hatte die Exekutionskosten von 65 Talern zu zahlen.

(NGZ)
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