Rhein-Kreis Neuss Wirtschaftsfaktor Werkstätten

Rhein-Kreis Neuss · Mit einer wissenschaftlichen Studie legen acht Werkstätten für Behinderte am Niederrhein offen, dass sie kein Kostenfaktor, sondern ein Akteur im Wirtschaftsleben der Region sind. Sie bieten Arbeitsplätze – und sichern welche.

Mit einer wissenschaftlichen Studie legen acht Werkstätten für Behinderte am Niederrhein offen, dass sie kein Kostenfaktor, sondern ein Akteur im Wirtschaftsleben der Region sind. Sie bieten Arbeitsplätze — und sichern welche.

Gemeinnützige Werkstätten sind kein Zuschussbetrieb der öffentlichen Hand, sondern ein Wirtschaftsfaktor von beträchtlicher Größe. Zu diesem Ergebnis kommt eine wissenschaftliche Arbeit der Universität Eichstädt-Ingolstadt, die im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft der Werkstätten am Niederrhein (AWN) untersucht hat, welche gesellschaftliche und regionalökonomische Wirkung das Angebot dieser Betriebe entfaltet.

Ein Ergebnis der Studie: Von jedem Euro, den die öffentliche Hand investiert, fließen 49 Cent als Steuern und Sozialversicherungsbeiträge zurück. Bezogen auf die acht Werkstätten im Verbund AWN macht das 99 Millionen Euro jährlich aus. Allerdings kommt es dabei zu einer Umverteilung. "Es ist also nicht so, dass von den Sozialausgaben jeder Euro verbraucht wäre", erklärte Professor Bernd Halfar bei Vorstellung der Studie. "Nur landen die Einnahmen nicht immer in dem Haushalt, der die Ausgaben zu versuchen hat."

Diese Umverteilung wird von den kommunalen Spitzenverbänden kritisiert. Denn während etwa die Eingliederungshilfen vor allem von den Kommunen als Sozialausgaben zu tragen sind, kommen Steuern und Sozialausgaben anderen zugute. "Wir unterstützen deshalb die Sichtweise der Kommunen, die einen Ausgleich verlangen", stellt vor diesem Hintergrund Christoph Schnitzler klar, Geschäftsführer der Gemeinnützigen Werkstätten Neuss. Diese GWN gehören wie auch die Werkstatt für Behinderte (WFB) in Grevenbroich-Hemmerden zum Netzwerk und zu den Auftraggebern der Studie.

Schnitzler hebt aus der Untersuchung zwei auch für ihn überraschende Aspekte hervor. Erstens: Die acht Werkstätten mit ihren knapp 10 000 behinderten Beschäftigten sorgen für etwa 5000 reguläre Arbeitsplätze in der Region. 2062 davon unmittelbar in den Werkstätten selbst, die Mitarbeiter für die fachliche und pädagogische Begleitung der Behinderten beschäftigen, und 2700 bei Zulieferern. Schnitzler: "Die Werkstätten kaufen jährlich selbst für 36,5 Millionen Euro Waren und Dienstleistungen ein."

Zweitens macht die Studie nach Schnitzlers Überzeugung sehr deutlich, dass die Arbeit der Werkstätten unter finanziellen Gesichtspunkten ohne echte Alternative ist. Nach Abzug der Rückflüsse kostet jeder Werkstattplatz zwar etwa 10 700 Euro pro Jahr. Würde der behinderte Mensch zu Hause bleiben und dort betreut, entstünden der Gesellschaft für die Pflege, oder weil zumindest ein Elternteil nicht berufstätig sein kann, Kosten in gleicher Größenordnung. Ohne professionelle Betreuung und Förderung, die eine Werkstätte bietet.

(NGZ)
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