Rhein-Kreis Neuss Weniger Immobilienkredite für Senioren und Familien

Rhein-Kreis Neuss · Neue Kreditrichtlinie: Volksbanken-Sprecher Rainer Mellis fordert Nachbesserungen und nimmt Politik in die Pflicht.

Das Beispiel soll mahnenden Charakter haben: Obwohl er ein schuldenfreies Einfamilienhaus besitzt und eine monatliche Rente bezieht, hat ein 80-jähriger Mann von seiner Bank keinen Kredit für die Sanierung seines Badezimmers erhalten. Grund für die Ablehnung des Kreditwunsches: Die neue, Ende März in Kraft getretene Wohnimmobilienkreditrichtlinie, die höhere Anforderungen an die Kapitaldienstfähigkeit von Kreditnehmern stellt. Im konkreten Fall musste die Bank sich so verhalten, weil die Laufzeit des Kredits die statistische Lebenserwartung des Mannes überschritten hätte. "Der Fall des älteren Herrn ist kein Einzelfall", so Rainer Mellis, Sprecher der Volksbanken und Raiffeisenbanken im Rhein-Kreis Neuss, in der Landeshauptstadt Düsseldorf, und den Städten Duisburg, Langenfeld, Monheim, Mülheim/Ruhr, Oberhausen und Ratingen.

Eine Umfrage unter den Mitgliedern des Rheinisch-Westfälischen Genossenschaftsverbands (RWGV) habe den Eindruck bestätigt, dass die von der EU beschlossene und danach in deutsches Recht übertragene Richtlinie zu einer vermehrten Ablehnung von Kreditanträgen geführt habe. Jeder vierte Ablehnungsbescheid habe zudem junge Familien betroffen. Der Traum von den eigenen vier Wänden sei erst mal geplatzt, weil Elternzeit und Erziehungspausen als Risiken zwanghaft zu bewerten seien. In den meisten Fällen sei die Kreditvergabe daran gescheitert.

Wie die Blitzumfrage des RWGV ergab, haben die Neuregelungen bei vier von fünf Banken in diesem Geschäftsfeld zu einem Rückgang der Kreditzusagen geführt. Im Schnitt lag die Zahl der Bewilligungen um etwa 15 Prozent unter der Vergleichszahl des Vorjahres. Bei der besonders betroffenen Kundengruppe der Senioren wurde jede dritte Anfrage negativ beschieden. Bei jungen Familien traf die Absage jedes vierte Investitionsvorhaben.

Auf die Kritik der befragten Kreditgenossenschaften stieß auch der mit Einführung der Richtlinie verbundene Mehraufwand. Mellis: "Ohne dass unsere Kunden einen Vorteil davon hätten, stellen wir bei uns einen deutlich höheren Aufwand an Zeit, Personal und Technik fest." Vor diesem Hintergrund wünschen sich die befragten Kreditgenossenschaften von der Politik eine Nachbesserung der Richtlinie. Mellis: "Es kann und darf nicht sein, dass der Aufbau von Immobilienvermögen bei jungen Familien oder Investitionen älterer Menschen in einen seniorengerechten Umbau in der beschriebenen Weise verhindert werden."

(NGZ)
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