Quirinus-Gymnasium Schwerter, Brot und Spiele am Tag des Latein

Neuss · Irritierte Blicke verschlafener Schüler: Warum laufen zwei halbnackte stattliche Männer in römischer Kleidung bekleidet durch die Flure des Quirinus-Gymnasiums? Gelten plötzlich neue Kleidervorschriften? Und warum soll es anstelle des bewährten Mensaessens plötzlich Spezialitäten wie "Mustacei" und "Moretum" geben?

Die Auflösung erfolgt umgehend mit dem Schellen zur zweiten Unterrichtsstunde: Gestaffelt nach Jahrgängen werden die Lateinschüler in die Aula gebeten, um dort am Latein-Tag im Rahmen der Vierhundertjahresfeier des Quirinus-Gymnasiums einem ungewohnten Programm beizuwohnen: Den Auftakt bot ein lateinischsprachiger Sketch, kurzweilig dargeboten von Schülern der Jahrgangsstufen 6 und 7, der eine Szene aus dem römischen Schulalltag nachstellte. Welch' eine Erleichterung für die anwesenden Schüler, dass sich die Methodik des Unterrichtens doch entscheidend gegenüber der Zeit der Römer verändert hat. Denn monotones Repetieren und Abschreiben gehört der Vergangenheit an. Nach dem Sketch wird's sportlich: Plötzlich tritt aus dem Bühnenhintergrund ein stattlich gebauter Gladiator heraus, der als Priapos alias Mark mit Klischees zum Thema "Gladiatur" aufräumt. Denn ein sinnloses Abschlachten kostspielig ausgebildeter Gladiatoren sei schon aus ökonomischen Gründen unrentabel gewesen. Da die Römer aber eher pragmatisch-praktisch orientiert waren, folgt nach der theoretischen Aufklärungsarbeit direkt die praktische Anschauung: Ein Raunen geht durch die Menge, als der muskelbepackte Gladiatorenbruder Africanus Pantherus alias Youl die Bühne betritt. Zusammen bieten sie die Paarung eine Zweikampfsequenz dar, wobei sich der unbehelmte, aber mit einem Dreizack ausgestattete Netzkämpfer gegen den mit einem Schild bewehrten Gladiator zur Wehr setzen muss. Nach einem dramatischen und umkämpften Finale, in dem sogar die Abstandswaffe - der Dreizack - den Attacken des Gegners nicht standhalten kann, wird unter Jubel des Publikums schließlich der Sieger gekürt; der Unterlegene kann aber als Publikumsliebling die Bühne verlassen. Das Ziel, ihr Publikum zu emotionalisieren und so die Begeisterung für das Lateinische aufrechtzuerhalten, haben die beiden geladenen Gladiatoren an diesem Tag erreicht.

Nach dieser actionreichen Darbietung konnten sich die Schüler noch römische Speisen schmecken lassen, römische Spiele ausprobieren oder ihr Geschick darin unter Beweis stellen, sich schnellstmöglich eine Toga von Mitschülern anlegen zu lassen.

Den Abschluss des Lateintages bildete für die höheren Jahrgänge ein einstündiger Vortrag des bekannten Althistorikers Karl-Wilhelm Weeber, der unter dem Motto "Rom sei Dank! Warum wir alle Caesars Erben sind" an vielen Beispielen das Fortwirken des römischen Erbes in unserer Gegenwart aufzeigte. Auch wenn die meisten Menschen nichts davon wüssten, habe das römische Denken und Handeln sogar ihre Mentalität im Alltag bestimmt: Von Roms Kalender für die Welt über die Errungenschaften römischer Ingenieurskunst bis hin zu der Weltsprache Latein, die auch heute noch den täglichen Sprachgebrauch bestimme, auch ohne sich dafür eines elaborierten Sprachcodes befleißigen zu müssen, spannte Weeber einen weiten Bogen.

Gerüstet durch die Fülle der dargebotenen Beispiele haben nun alle Lateinlerner Argumente an der Hand, um den Vorwurf der Lebensferne ad absurdum zu führen. Denn Rom ist nicht Geschichte, sondern Gegenwart, wie die Veranstalter des Tag des Latein am Quirinus-Gymnasium deutlich machten.

(NGZ)
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