Lokalsport Voltigierfans schauen beim Neusser Jubel in die Röhre

Neuss · Peinliche Panne beim WDR: Statt jubelnder Voltigierer zeigt der Sender gestern Szenen aus einem Kölner Waschsalon.

 Solche Szenen blieben den Fernsehzuschauern im Westdeutschen Rundfunk gestern verwehrt: der Europameister in der "Kiss-and-Cry-Area",

Solche Szenen blieben den Fernsehzuschauern im Westdeutschen Rundfunk gestern verwehrt: der Europameister in der "Kiss-and-Cry-Area",

Foto: Kaiser Impressions

Man stelle sich folgendes Szenario vor: Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft wird nach einem packenden Endspiel mit Verlängerung und Elfmeterschießen Europameister. Just in dem Moment, als Schweinsteiger und Co. jubelnd die Arme hochreißen, blendet sich der übertragende Fernsehsender aus und zeigt stattdessen einen Dokumentarfilm über das Leben und Treiben in einem Kölner Waschsalon.

Undenkbar? Im Fußball bestimmt. Doch genau so ist der Westdeutsche Rundfunk (WDR) gestern Nachmittag mit den Voltigier-Europameisterschaften in der Aachener Soers verfahren. Als um punkt 15.15 Uhr der alte und neue Europameister vom RSV Neuss-Grimlinghausen vom Abreiteplatz kommend wieder das Deutsche Bank Stadium betrat, Sekunden, nachdem das Team um Trainerin Jessica Lichtenberg das Endergebnis erfahren hatte, beendete der WDR seine Übertragung. Statt jubelnder Voltigierer, statt Küsschen und Tränen bei der Siegerehrung gab's intime Einblicke in den Waschsalon von Juliane Morawitz in Köln-Klettenberg zu sehen.

Eine peinliche Panne? Ein Fehler bei der Programmplanung? Nein, ein weiteres Zeichen jener Respektlosigkeit, mit der die Fernsehanstalten inzwischen allen Sportlern begegnen, die nicht Fußball spielen. Während für letztere jeder Programmablauf über den Haufen geschmissen wird, jedes Spiel erst nach endlosen Wiederholungen und nicht endenwollenden Analysen und Interviews vom Bildschirm verschwindet, hatten die Moderatorinnen gestern nicht einmal mehr Zeit, das Endergebnis zu verkünden - Zack, willkommen im Waschsalon.

Das ist ähnlich respektlos wie das Verhalten des ZDF vor einem Jahr, als es die Dormagener Fecht-Weltmeister ins Aktuelle Sportstudio einlud - als Ersatzleute, falls einer der Fußball-Gäste abgesagt hätte. Doch der Westdeutsche Rundfunk setzt da noch einen drauf, schließlich ist der WDR der Regionalsender für Nordrhein-Westfalen. Und was kann regionaler sein, als wenn ein Team aus NRW bei einer Europameisterschaft in NRW den Titel gewinnt? Die Antwort lautet: ein Waschsalon in Köln-Klettenberg.

(NGZ)
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