Lokalsport TSV Bayer steht vor einer schwierigen Saison

Dormagen · Wirtschaftlich hat der Handball-Zweitligist noch einmal zugelegt, doch sportlich plagen die Dormagener einige (Verletzungs-) Sorgen.

 Mit sorgenvollen Mienen blicken Trainer Jörg Bohrmann (r.) und seine Handballer auf die in einer Woche startende Saison in der Zweiten Bundesliga.

Mit sorgenvollen Mienen blicken Trainer Jörg Bohrmann (r.) und seine Handballer auf die in einer Woche startende Saison in der Zweiten Bundesliga.

Foto: Zaunbrecher

Es hat schon fröhlichere Pressekonferenzen zum Saisonauftakt im Bayer-Sportcenter gegeben als die gestrige. Das Paradoxe dabei: Während der vor drei Jahren gerade noch am Leben erhaltene Patient namens Spitzenhandball beim TSV Bayer Dormagen auf wirtschaftlich immer standfesteren Füßen steht, bereitet eine Woche vor dem Meisterschaftsstart (21. August, 19 Uhr) gegen Zweitliga-Aufsteiger TuS Ferndorf die sportliche Situation einiges Kopfzerbrechen.

"Wir sind zu dünn aufgestellt, mit dem Kader stehen wir diese Mammutsaison nicht durch", sagt Trainer Jörg Bohrmann mit Blick auf die 40 Meisterschaftsspiele zwischen 21. August und 5. Juni, die den Zweitligisten sogar sechs Doppelspieltage mit teilweise zwei Partien innerhalb von nicht einmal 48 Stunden beschert. Seine vier Abgänge hat der TSV zwar durch ebenso viele Zugänge kompensiert, doch unter denen sind in Fredrick Genz, Jan Jagieniak und Julian Mumme drei 18-Jährige, die erst behutsam an das Niveau einer Spielklasse herangeführt werden sollen, die Bohrmann "für die fünftstärkste Liga in ganz Europa" hält. Und in die, sagt der Trainer, "kannst du nicht nur mit jungen Leuten gehen, damit tust du auch den Jungs keinen Gefallen."

Bisher einziger externer Zugang ist der estnische Nationalspieler Mikk Pinnonen, der mit seinen 24 Jahren auch noch nicht zu den "alten Hasen" gehört, den Bohrmann aber "nicht nur aufgrund seiner Schnelligkeit vor allem im Angriff als echte Bereicherung" einschätzt. Erschwert wird die Lage durch zum Teil gravierende Verletzungen, die sich vier seiner Schützlinge in der Saisonvorbereitung zugezogen haben. "Und das geht nicht nur uns so", weiß Bohrmann und führt die große Zahl der bereits vor dem Meisterschaftsstart ausfallenden Spieler auf die hohen Belastungen zurück: "Wir spielen von Mitte August bis Anfang Juni, dann bereiten wir uns sechs Wochen auf die nächste Saison vor - wann soll man sich da noch erholen?"

Das sei auch ein Grund, warum seine Schützlinge mitten in der Vorbereitung "in ein mentales Loch" gefallen seien, aus dem sie in den letzten beiden Spielen (29:25 gegen Initia Hasselt, 27:24 über den Neusser HV) so langsam wieder hervorgekrochen kämen. Der andere Grund sei der "Schock über die Langzeitausfälle zweier nicht ersetzbarer Spieler" gewesen: Maximilian Bettin (der gebrochene Mittelfinger der rechten Hand wurde inzwischen operiert) und Pascal Noll (Riss des Innen- und Außenbandes am linken Fuß) stehen frühestens im November zur Verfügung - bis dahin sind bereits ein Drittel aller Meisterschaftsspiele absolviert.

Weniger schlimm seien die Blessuren seiner Torleute. Bohrmann hofft, Sven Bartmann (Wirbelverschiebung) und Max Jäger ( Außenband-Abriss) zum Saisonauftakt einsetzen zu können. Am morgen mit der Partie gegen Drittligist TV Kirchzell startenden Pokalwochenende müssen Fredrick Genz und ein noch zu bestimmender weiterer Jugend-Torwart die Arbeit zwischen den Pfosten erledigen.

"Unsere Personalplanungen sind deshalb noch nicht abgeschlossen", verrät Handball-Geschäftsführer Björn Barthel angesichts der Lücken im Kader, verhehlt aber auch nicht, wie schwierig die Suche auf dem Spielermarkt sei: "Fast alle suchen noch." Und wenn ein Zugang dann auch noch "in unser Anforderungsprofil und unser Konzept, nicht mit Vollprofis zu arbeiten" passen soll, sei die Sache doppelt schwierig. Bohrmann erzählt von einem "erfahrenen deutschen Spieler", der durchaus bereit sei, nach Dormagen zu kommen. "Aber der hat Angebote von 25 Vereinen."

Und nicht überall, ist er überzeugt, werde so solide gewirtschaftet wie am Höhenberg: "Wir kaufen keinen Spieler auf Pump. Wenn wir jetzt einen holen, muss seine Finanzierung bis zum Saisonende gesichert sein," sagt Björn Barthel. Wobei die wirtschaftlichen Eckdaten - "wir sind gesund und verfügen über ein positives Eigenkapital, was nicht viele in der Zweiten Liga von sich behaupten können" (Barthel) - durchaus erfreulich sind: Der Etat beträgt 670 000 Euro, das sind 130 000 mehr als zum gleichen Zeitpunkt der Vorsaison. Weil der bis Saisonende auf 650 000 anwuchs, sieht er auch "jetzt noch einige Luft nach oben".

"Wenn ich bedenke, dass wir 2012 mit einem Etat von 350 000 Euro gestartet sind, haben wir einen tollen Weg zurückgelegt", sagt Jobst Wierich als Sprecher des Wirtschaftsbeirates. Und Marketingleiter Tobias Plaz stellt angesichts eines Zuwachses von Sponsoren von 61 auf 81 fest: "Wir haben Vertrauen zurück gewonnen." Wenn da nur nicht die dunklen Wolken am sportlichen Horizont wären.

(NGZ)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort