Lokalsport Nixhof steht vor neuen Herausforderungen

Selikum · Neuss' erfolgreichster Sportverein will wieder leistungsorientierter arbeiten, doch der Zustand des Hofes bereitet zunehmend Sorgen.

 Reiten als Therapie - hier zeigt eine integrative Voltigiergruppe beim Tandem-Tag auf Gut Gnadental ihr Können - gehört beim RSV Grimlinghausen längst zum festen Vereinsprogramm.

Reiten als Therapie - hier zeigt eine integrative Voltigiergruppe beim Tandem-Tag auf Gut Gnadental ihr Können - gehört beim RSV Grimlinghausen längst zum festen Vereinsprogramm.

Foto: Andreas Woitschützke (3), daniel kaiser (1)

Das schwierigste, sagt Marlies Klüter, sei gewesen, ihrem Mann zu erklären, warum sie noch einmal "Ja" gesagt habe: "Der sitzt zu Hause und ich bin den ganzen Tag hier auf dem Hof - so hatten wir uns das Leben im Alter eigentlich nicht vorgestellt." Doch ohne den seit Jahrzehnten auf dem Nixhof wirbelnden und wirkenden "guten Geist" geht wenig beim Reitsportverein (RSV) Grimlinghausen.

 Voltigiererinnen und Pferde - hier Janika Derks auf Bella Bientje - sehen deutlich besser aus als das Umfeld des Nixhofes. "Wir tun, was wir können, aber für eine grundlegende Sanierung fehlen uns die Mittel", sagt RSV-Chefin Angelika Quiring-Perl.

Voltigiererinnen und Pferde - hier Janika Derks auf Bella Bientje - sehen deutlich besser aus als das Umfeld des Nixhofes. "Wir tun, was wir können, aber für eine grundlegende Sanierung fehlen uns die Mittel", sagt RSV-Chefin Angelika Quiring-Perl.

Foto: Daniel Kaiser

Und weil das nun einmal so ist, hat sich Marlies Klüter auf der bestens besuchten Mitgliederversammlung - 57 von 104 stimmberechtigten der insgesamt 300 Mitglieder waren anwesend - zur Wiederwahl gestellt. Einen Gegenkandidaten für das Amt des 2. Vorsitzenden gab es selbstredend keinen. "Was blieb mir da anderes übrig, als weiter zu machen", sagt die 64-Jährige augenzwinkernd. Denn selbstverständlich hängt sie an "ihrem" Hof, an den knapp 20 Pferden des Vereins und vor allem an "ihren" Voltigierern.

"Ich bin heilfroh, dass die Marlies weitermacht", sagt die RSV-Vorsitzende Angelika Quiring-Perl. Man ist geneigt, ihr zu glauben, zumal sie anfügt: "Schließlich haben wir in den kommenden Monaten eine Menge vor." Das erste von drei großen Projekten dümpelt schon länger in der Pipeline: Die Loslösung vom Sportclub (SC) Grimlinghausen, in dem die 300 RSV-Mitglieder als "Reitsport-Abteilung" geführt werden. Aus Satzungs- und steuerrechtlichen Gründen gestaltete sich das Unterfangen allerdings schwieriger als erwartet, doch jetzt glaubt Angelika Quiring-Perl nicht zuletzt dank juristischer Hilfe seitens des Landessportbundes einer (Los-)Lösung recht nahegekommen zu sein.

Projekt Nummer zwei erscheint wesentlich ambitionierter: "Wir wollen im Bereich Voltigieren wieder leistungsorientierter arbeiten", sagt die Vorsitzende. Klingt angesichts all der Welt- und Europameistertitel, die Neuss' mit Abstand erfolgreichster Sportverein in den vergangenen Jahrzehnten sammelte, auf den ersten Blick ein wenig paradox. "In unseren Voltigiergruppen hat sich in den letzten Jahren so eine Art Breitensport-Mentalität entwickelt: Talentierte Kinder und Jugendliche wollten lieber in ihren vertrauten Gruppen bleiben, anstatt in den nächsthöheren Leistungsbereich aufzusteigen", erläutert Marlies Klüter. Das, darin sind sich Vorstand und das von Jessica Lichtenberg angeführte Trainerteam einig, "entspricht aber nicht der Philosophie unseres Vereins." Im Prinzip, sagt Angelika Quiring-Perl, sei das von Lichtenberg der Mitgliederversammlung vorgestellte Konzept keine Neuerung, "sondern die Rückkehr zu den Grundsätzen, mit denen wir lange erfolgreich gewesen sind."

Lichtenberg wird sich vorrangig um die erfolgreichen Einzelvoltigierer mit den B-Kaderathleten Janika Derks, Pauline Riedel und Johannes Kay kümmern, fungiert aber auch als Cheftrainerin für den gesamten Voltigierbereich. Die S-Gruppe bleibt in der Obhut von Elisabeth Simon. Allerdings möchte der RSV auch die nicht so leistungsorientierten und/oder leistungsstarken Kinder an sich binden: "Wir werden so eine Art Breitensportgruppe gründen, wir müssen nur noch einen Namen für das Kind finden", kündigt Marlies Klüter an.

Wichtiges Standbein bleibt der Therapiebereich mit zur Zeit 70 Aktiven. Sie kommen, initiiert und unterstützt durch die "Tandem-Stiftung Burkhard Zülow", aus acht Förderschulen, aber auch drei Kindergärten, die Kinder-Onkologie der Düsseldorfer Universitätsklinik, die Augustinus-Kliniken, die GWN und die Lebenshilfe nutzen das Angebot, um das sich auf dem Nixhof eine Hippotherapeutin, zwei Ergo- und drei Physiotherapeuten kümmern.

Da lag es nur nahe, dass der RSV im kommenden Jahr, wenn vom 10. bis 12. Juli die Special Olympics Landesspiele in Neuss ausgetragen werden, als Ausrichter der Wettbewerbe im Voltigieren, Dressur- und Springreiten fungiert. "Wir waren schon ein bisschen stolz, dass der Verband auf uns zugekommen ist", sagt Marlies Klüter. 90 bis 120 Teilnehmer werden erwartet, um jeden startenden Athleten mit Handikap kümmern sich fünf Betreuer - ein nicht zu unterschätzender logistischer Aufwand. So benötigt der RSV noch ein großes Zelt, in dem 50 Voltigierpferde in Gastboxen untergebracht werden können. Und die Hofanlage am Nixhütter Weg mit den zwei Reithallen sollte bis dahin auch auf Vordermann gebracht sein.

Das alles kostet Geld. "Im Leistungsbereich werden wir zwar von Stiftung Sport und den Partnern für Sport und Bildung unterstützt, aber ansonsten sind die Eltern unserer Voltigierer die größten Sponsoren", sagt Angelika Quiring-Perl. Sie weiß, dass die bis mindestens 2031 von der Stadt gepachtete Anlage einer dringenden Überholung bedürfte. "Wir tun, was wir können, aber für eine grundlegende Sanierung fehlen uns die Mittel," sagt die Vorsitzende.

Die frühere stellvertretende Bürgermeisterin ärgert sich in diesem Zusammenhang über die durch den neuen Sportentwicklungsplan angestoßene, aktuelle sportpolitische Diskussion in Neuss: "Es kann doch nicht sein, dass sich die Politik, aber auch der Stadtsportverband in erster Linie oder ausschließlich mit Fußball und dem Bau von Kunstrasenplätzen beschäftigen. Der gesamte Pferdesport, aber auch andere wichtige und erfolgreiche Sportarten kommen doch in dem Papier gar nicht vor." Ihre Schlussfolgerung: "Wir anderen Vereine müssen uns zu Wort melden und uns wehren." Noch eine Herausforderung für den Nixhof.

(NGZ)
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