Lokalsport Hindernisse nimmt sie im Galopp und mit Spaß

Neuss · Sonja Daroszewski ist weltweit die erste Frau, die Champion bei den Hindernisreitern wird. In Neuss startet sie heute in zwei Flachrennen.

 Hecken, Hindernisse, Wälle und Wassergräben sind ihr Metier: Sonja Daroszewski ist erster weiblicher Champion der deutschen Hindernisreiter.

Hecken, Hindernisse, Wälle und Wassergräben sind ihr Metier: Sonja Daroszewski ist erster weiblicher Champion der deutschen Hindernisreiter.

Foto: K. J. Tuchel

Der im Grunde faszinierende Hindernissport spielt im deutschen Galopprennsport (im Gegensatz zu England und Frankreich)nur noch eine Nebenrolle. Auch in Neuss gibt es seit vielen Jahren keine Hindernisrennen mehr. Die letzten Versuche waren Hürdenrennen - aber auch das ist längst Geschichte. Gepflegt wird diese beim Publikum unverändert beliebte Disziplin hierzulande vor allem noch in Bad Harzburg, Mannheim, Bremen - und mit spektakulären Seejagdrennen in Hamburg-Horn und Quakenbrück im Artland sowie auf einigen Bahnen des Südwestens.

Nur deshalb ist (unerwartet) in Gestalt von Sonja Daroszewski eine Reiterin in den Mittelpunkt des Interesses gerückt, die beim Renntag heute in Neuss im zweiten Rennen mit dem Außenseitern Pancake Day und im dritten Rennen mit Al Malek antritt, ebenfalls ein nur schwer als Sieger vorstellbarer Starter.

Zum ersten Mal in der Geschichte des deutschen Galopprennsports seit 1821 in Aachen-Brand und 1822 in Bad Doberan wird in Sonja Daroszewski eine Frau Champion der Hindernisreiter. Im Jahre 2012 hat die heute 25-Jährige ihre ersten Hindernisrennen mit dem sicheren Springer Supervisor bestritten und wurde von den Experten in der Kategorie zwischen mildem Lächeln und Mitleid betrachtet. Auch der erste Sieg im Idee-Kaffee-Jagdrennen mit ihrem Liebling, dem Halbblüter Labon, am 26. Juni 2016 in Bremen wurde eher in die Kategorie Zufall abgelegt. Sie erinnert sich: "Ich bin sofort an die Spitze gegangen, hatte teilweise einen Riesenvorsprung und es kam keiner mehr. Alle hatten wohl damit gerechnet, wir beide würden schlapp machen."

Die Karriere im Hindernissport nahm allerdings erst so Richtung Fahrt auf, als sie an den Stall von Christian von der Recke (57) nach Weilerswist wechselte. Der in Neuss ständig präsente, fröhliche Freiherr verfügt dort über eine ebenso komfortable wie zweckmäßige Trainingsbahn mit einer Hindernisbahn - es geht bergauf und bergab - wie im wahren Rennsportleben. Der nicht nur fröhliche, sondern auch clevere mehrfache Trainer-Champion aus der Schule des legendären Sven von Mitzlaff erkannte das Talent und die Chancen von Sonja Daroszewski. Er sagt über sie: "Ihre positive Entwicklung hängt eng mit ihrer positiven Grundeinstellung und ihrem Fleiß zusammen. Sie hat ein sehr gutes Tempogefühl und kann deshalb auch Rennen von vorne gewinnen." Ein anderes Problem hat sich mit jedem ihrer Siege erledigt. Von der Recke: "Anfangs war es nicht einfach, sie bei den Besitzern als Reiterin durchzusetzen. Mit ihren Erfolgen und ihrer angenehmen Art funktioniert das von selbst wie Eisverkaufen im Hochsommer."

Sonja Daroszewski wird nicht nur Deutsche Meisterin der Hindernisreiter. Sie hat auch von allen Frauen hierzulande die meisten Rennen der Saison 2017 gewonnen und bislang fehlt noch der Gegenbeweis dafür, dass sie auch die erste Frau des Weltsports Galopprennen ist, die Hindernis-Meisterin wird.

Im Gegensatz zu vielen anderen Menschen dieses Sports beschränkt sich ihr Interesse nicht nur auf das nächste Rennen. Sie studiert (neben der täglichen Arbeit) Medienwirtschaft- und Management, gesteht aber: "Es fällt mir schwer, mich nach der täglichen Arbeit noch darauf zu konzentrieren. Deshalb läuft es jetzt so nebenbei." Ihr Sinn für die Realität des Lebens kommt auch bei der Antwort auf die Frage nach Zielen zum Tragen: "Ich lasse im Moment mal alles auf mich zukommen." Ob man als Frau mehr Mut bei Hindernisrennen braucht als ein Mann: "Mehr Mut sicher nicht. Es ist wichtig, dass es einem Spaß macht."

(kgö)
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