Lokalsport Heute beginnt in Aachen die "Mission Gold"

Aachen. · Die Voltigierer des RSV Grimlinghausen gelten bei den Europameisterschaften als Favorit - und gehen locker mit dieser Rolle um.

 Letzte Vorbereitungen auf die heute startende "Mission Gold" bei der Europameisterschaft in Aachen: Co-Bundestrainer Kai Vorberg präsentiert Delia FRH bei der Verfassungsprüfung, Trainerin Jessica Lichtenberg (o.r.) im Gespräch mit ihrer Schwester, Pferdepflegerin Kirsten Schmitz und beim Trockentraining,

Letzte Vorbereitungen auf die heute startende "Mission Gold" bei der Europameisterschaft in Aachen: Co-Bundestrainer Kai Vorberg präsentiert Delia FRH bei der Verfassungsprüfung, Trainerin Jessica Lichtenberg (o.r.) im Gespräch mit ihrer Schwester, Pferdepflegerin Kirsten Schmitz und beim Trockentraining,

Foto: Daniel Kaiser

Das Deutsche-Bank-Stadion in der Aachener Soers ist hergerichtet. In der Nacht zu gestern wurde die Arena vom Tempel der Westernreiter (die ihre EM in der Vorwoche austrugen) in einen Voltigier-Palast verwandelt. Erinnerungen an die Weltreiterspiele anno 2006 werden wach. Damals gingen die Pferdeakrobaten vom RSV Grimlinghausen als WM-Sieger hervor. Neun Jahre später steht das Team um Jessica Lichtenberg beim heutigen Pflichtauftakt der kontinentalen Titelkämpfe unter positiver Spannung.

Lokalsport: Heute beginnt in Aachen die "Mission Gold"
Foto: Daniel Kaiser

Mit der Rolle der Favoriten können und müssen die Schützlinge vom Nixhof leben. Als amtierender Welt- und Europameister sind die Rheinländer beim "Heimspiel" in Aachen die Gejagten. Österreich, Frankreich und vor allem die Schweiz wollen den Neussern in ihrem Wohnzimmer ein Schnippchen schlagen.

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Foto: Daniel Kaiser

Die Stimmung innerhalb des Teams ist in den Vortagen trotzdem äußerst gelassen. Die Anträge auf Freistellung vom Unterricht gingen in den Schulen ohne Probleme durch. Die Lehrerschaft steht zur Freude des Vereins voll und ganz hinter den Leistungssportlern. Fokussiert und konzentriert blickt die Lichtenberg-Equipe nun dem Jahreshöhepunkt entgegen. Die eigenen Trainingseinheiten verliefen äußerst vielversprechend. Die Konkurrenz wird wie immer ausgeblendet. "Die haben ihr Ziel fest vor Augen", stellte Kai Vorberg gestern fest. Der Co-Bundestrainer weiß aber: "Auch die anderen Nationen sind stark. Neuss wird das nicht im Vorbeigehen schaffen."

Fast schon traditionell sorgte die Mannschaft in dieser Woche mit einem eigens initiierten Videoclip für Aufsehen. In einem Bandproberaum wagten sich die Spitzenathleten in extrovertierter Manier an die Instrumente. Zwischendurch sieht man die Mannschaft in ihren Anzügen in der Aachener Innenstadt. Message der gewollt skurrilen Aktion: "Die Voltigierer sind die Rockstars des Pferdesports". Der Clip erreichte innerhalb von nur einem Tag über 55 000 Facebook-Nutzer. Beeindruckende Zahlen - wie immer.

Das Aachen-Unterfangen in diesem Jahr weist im Vergleich zum "normalen" CHIO einige Besonderheiten auf. Zunächst einmal geht es um die Championats-Krone. Da schlägt das Sportlerherz ohnehin mit höherer Frequenz. Des Weiteren schlafen die Neusser in diesem Jahr nicht wie gewohnt in den heimischen vier Wänden. Untergebracht ist das gesamte 30-köpfige Nationalteam (neben Neuss sind sechs Einzel- und vier Doppelvoltigierer mit ihren Longenführern, Trainern, Pferden und Pferdepflegern vor Ort) in Herzogenrath, rund zwölf Kilometer vom Turniergelände entfernt. "Die Distanz ist bewusst so gewählt, wir wollen und brauchen ein Rückzugsgebiet", erklärt Bundestrainerin Ulla Ramge.

"Es ist natürlich cooler mit dem gesamten Team", sagt Lichtenberg. Insgeheim würde die Meistertrainerin aber wohl lieber zu Hause nächtigen. Zwar ist die Unterkunft anno 2015 eine deutliche Steigerung zur Kasernen-Herberge von 2006. "Wir haben immerhin unser eigenes Bad auf dem Zimmer", sagt Lichtenberg mit einem Augenzwinkern.

Dennoch gibt es Unterschiede zur Unterkunft der elitären Dressur- und Springreiter, die ihre Europameisterschaft ja ebenfalls derzeit in Aachen austtragen. "Die würden sich sicherlich wundern", sagt die 34-Jährige, "aber es ist in Ordnung und wir sind ja genügsam. Hauptsache ein bequemes Bett". Ungewohnt früh müssen die Voltigierer es heute verlassen und in den Zirkel, denn bereits um zehn Uhr eröffnen die Teams mit der Pflicht die EM.

Vier Stunden vorher heißt es: Aufstehen, frühstücken, Frisuren stylen, Schminken. "Wir müssen möglichst früh aus dem Bett, um richtig wach zu sein. Pflicht am Vormittag ist wirklich nicht leicht, denn man muss bis zum Start schon auf 100 Prozent hochgefahren sein", erklärt Jessica Lichtenberg. Gleiches gilt natürlich für das Pferd. Die Fuchsstute Delia FRH, die gestern von Kai Vorberg vorgeführt ohne Probleme die obligatorische Verfassungsprüfung passierte, wurde in den vergangenen Tagen akribisch dosiert mit letzten Einheiten unter dem Reitsattel von Pferdepflegerin Kirsten Schmitz, der Schwester der Trainerin, auf die EM-Aufgabe vorbereitet.

Nach der Pflicht steht am Freitag ab 17 Uhr die erste Kür auf dem Programm. Am Samstag haben die Neusser einen Tag frei. Dann werden die Kollegen der anderen Disziplinen angefeuert, dann wird trainiert, ein Großteil der Interviewanfragen abgearbeitet, Autogramm- und Grußkarten signiert, laute Musik gehört - aber auch geschlafen und gechillt. "Es ist erstaunlich, wie schnell so ein vermeintlich freier Tag dann immer umgeht", weiß Lichtenberg aus Erfahrung. Am Sonntag folgt schließlich ab 13.10 Uhr das große Finale.

(daka)
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