Lokalsport Fechter sind heiß auf die Heim-WM

Dormagen · Morgen beginnen die Weltmeisterschaften in Leipzig - sieben Dormagener stellen den größten Teil des deutschen Säbel-Aufgebots.

Lokalsport: Fechter sind heiß auf die Heim-WM
Foto: Augusto Bizzi

Seit 2009 sind die deutschen Säbelfechter nur ein Mal ohne Medaille von einer Weltmeisterschaft heimgekehrt. Das war ein Jahr nach den olympischen Spielen von London, als sowohl Max Hartung (14:15 gegen Weniamin Reschetnikow) als auch die Mannschaft (43:45 gegen Russland) im Viertelfinale von Budapest an den späteren Titelträgern scheiterten.

 Sie "brennen" auf und für die Heim-WM: die Dormagener Säbelfechter Richard Hübers, Benedikt Wagner, Max Hartung und Matyas Szabo (linkes Bild v.l.). Im Kampf um Gold könnte es in Leipzig eine Neuauflage des EM-Finales geben, das Max Hartung 15:7 gegen Aaron Szilagyi (oberes Bild v.l.) gewann.

Sie "brennen" auf und für die Heim-WM: die Dormagener Säbelfechter Richard Hübers, Benedikt Wagner, Max Hartung und Matyas Szabo (linkes Bild v.l.). Im Kampf um Gold könnte es in Leipzig eine Neuauflage des EM-Finales geben, das Max Hartung 15:7 gegen Aaron Szilagyi (oberes Bild v.l.) gewann.

Foto: A. Bizzi/facebook

Morgen um 12.30 Uhr beginnen mit den Poolkämpfen der Säbelfechter die Weltmeisterschaften in Leipzig, die bis zum kommenden Mittwoch (26. Juli) dauern. Wie 2013 ist es ein nach-olympisches Jahr, weshalb für Vilmos Szabo (52) "die Heim-WM eigentlich ein Jahr zu früh" kommt. Denn nach den olympischen Spielen von Rio, sagt der seit knapp einem Vierteljahrhundert in Dormagen ansässige Säbel-Bundestrainer, hätten viele Fechter Ausbildung und Studium Vorrang vor dem Training eingeräumt.

Zumindest gilt das für die deutschen Athleten. Szabos Sohn Matyas (25), in Rio als Achter bestplatzierter deutscher Fechter, hat vor Wochenfrist seine Bachelorarbeit abgegeben. Auch der zwei Jahre ältere Max Hartung hat seinen Studiengang Politik, Sozialwissenschaften und Ökonomie an der Zeppelin-Universität Friedrichshafen mit dem Bachelor abgeschlossen - was den Dormagener nicht daran hinderte, sich vor knapp vier Wochen die Krone des Einzel-Europameisters aufzusetzen.

Als Nachfolger von Benedikt "Peter" Wagner (27). Das Trio bildet zusammen mit Richard Hübers (24) die rein Dormagener Vereinsmannschaft innerhalb der 137 Säbelfechter, die für die WM gemeldet haben. Der jüngste im Quartett ist nach einer Meniskus-Verletzung, die ihn die EM-Teilnahme kostete, gerade rechtzeitig für die Titelkämpfe wieder fit geworden.

"Heiß" sind sie alle auf die Heim-WM. "Weil ich es geil finde, vor heimischem Publikum eine Medaille zu gewinnen", sagt Benedikt Wagner im Video-Werbespot auf die Frage, warum er sich auf die WM in Leipzig freue. Für Max Hartung liegt der Reiz darin, "dass Freunde und Verwandte im Publikum sitzen, das haben wir nur ganz selten." Besonderen Druck verspürt der 27-Jährige trotzdem nicht, auch wenn er nach dem Sieg bei der Europameisterschaft, wo er im Finale den zweimaligen Olympiasieger Aaron Szilagyi (Ungarn) mit 15:7 regelrecht deklassierte, sich selbst "zum Kreis derjenigen" zählt, "die eine Chance auf den Titel haben."

Das sieht auch Vilmos Szabo so: "Max hat eine Chance", auch wenn zur starken europäischen Konkurrenz noch die Fechter aus den USA und Südkorea hinzukämen. Die stellen im Olympiazweiten Daryl Homer (3.), in Rio Endstation sowohl für Hartung als auch im Viertelfinale für Matyas Szabo, Jungwhan Kim (2.) und Bongil Gu (4.) gleich drei der ersten Vier auf der von Aaron Szilagyi angeführten Weltrangliste. Hinter Luca Curatoli (Italien) und Vincent Anstett (Frankreich) folgt Max Hartung auf Rang sieben. Matyas Szabo ist 18., Benedikt Wagner 27., Richard Hübers folgt mit gebührendem Abstand auf Platz 49.

Im Gegensatz zu ihnen leben und trainieren die in der Weltrangliste führenden Fechter unter Profi-Bedingungen. Das gilt vor allem für Koreaner und Italiener, die mit jeweils vier Fechtern unter den Top-Zwanzig vertreten sind - darunter Altmeister Aldo Montano (15.). Der Olympiasieger von Athen 2004 wird im November 39 Jahre alt, steht in Leipzig auf der Planche und will noch bis zu den Olympischen Spielen 2020 in Tokio weitermachen - in Deutschland kaum denkbar.

Trotz der nur wenigen Trainingsmonate, die seine Athleten seit Rio bestritten haben, trotz der im Vergleich zu einem Großteil der Konkurrenz eher schwierigen Bedingungen sagt Vilmos Szabo: "Wir wollen trotzdem versuchen, eine Medaille zu holen." Es wäre seine siebte bei einer WM als Bundestrainer nach Gold für Nicolas Limbach 2009 in Antalya, dessen zweiten Plätzen in Paris 2010 und Catania 2011, Bronze durch Max Hartung und die Mannschaft 2015 in Moskau und dem Titelgewinn des Teams (Limbach, Hartung, Wagner, Szabo) 2014 in Kazan.

Wesentlich bescheidener sind die Erwartungen bei den Säbelfechterinnen, wo der TSV Bayer Dormagen in Anna Limbach (28), Lea Krüger (21) und Larissa Eifler (18) drei der 110 Teilnehmerinnen stellt. Vierte im Aufgebot des Deutschen Fechterbundes, das erstmals bei einer WM von neuen, am Stützpunkt in Dormagen arbeitenden Bundestrainer Pierre Guichot - der 54 Jahre alte Franzose war zuvor (1999 bis 2008) Cheftrainer der französischen Fechter und betreute zuletzt drei Jahre lang die Briten - betreut wird, ist die Eislingerin Ann-Sophie Kindler (21). Larissa Eifler rückte für ihre Vereinskollegin Judith Kusian (22) ins Aufgebot, die sich nach der EM einen doppelten Bänderriss zuzog. "Die Hoffnungen auf eine Top-Platzierung ruhen auf Anna Limbach", sagt Dormagens Fecht-Koordinator Max Hartung, "die anderen sollen Erfahrungen sammeln."

(NGZ)
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