Lokalsport Ein Leben für den Behindertensport

Neuss · Nach 32 Jahren als Trainer und Tennis-Koordinator bei den Special Olympics wurde Hermann Müller am Sonntag feierlich in den Ruhestand verabschiedet.

 Sie werden ihn vermissen - doch so ganz hat Hermann Müller (r.) seinen Schützlingen bei den "Unified Fighters" noch nicht ade gesagt.

Sie werden ihn vermissen - doch so ganz hat Hermann Müller (r.) seinen Schützlingen bei den "Unified Fighters" noch nicht ade gesagt.

Foto: woi/privat

32 Jahre lang war er beim Tennisclub NTC Stadtwald für die "Unified Fighters" verantwortlich, er hat in Deutschland den Tennissport für Athleten mit geistiger Behinderung aufgebaut und jahrelang als nationaler Koordinator von "Special Olympics" kontinuierlich vergrößert, dabei hatte er immer ein offenes Ohr für die Belange seiner Athleten.

Am Sonntag wurde Hermann Müller nun als Trainer der "Unified Fighters" von seinen Athleten mit geistiger Behinderung, deren Familien und vom Vorstand des NTC feierlich verabschiedet. "Wir haben einen Rahmen gesucht, der seine ganze Arbeit würdigt", erläuterte NTC-Vorsitzender Wolfgang Mußmann, der Müller als "zielstrebig, geradeheraus und ehrlich" charakterisiert. So sei die Wahl auf die Weihnachtsfeier der "Unified Fighters" gefallen, die der heute 78-Jährige vor mehr als 30 Jahren ins Leben gerufen und aufgebaut hatte. "Das ist seine Umgebung", so Mußmann.

Dort fühlt sich Müller wie zu Hause, das merkt man sowohl ihm als auch seinen Sportlern an. Nicht ohne Stolz sagte er bei der Weihnachtsfeier: "Alle Athleten, die heute hier sind, haben bei mir das Tennisspielen angefangen. Wenn man jetzt sieht, was aus ihnen geworden ist, ist das einfach klasse." Seine Schützlinge schätzen ihren langjährigen Trainer sehr - als Trainer und als Mensch. "Es ist schade, dass er jetzt geht", so Oliver Schmitz, der seit vielen Jahren bei den "Unified Fighters" Tennis spielt, "Hermann war ein sehr guter Trainer." "Er hat mir immer etwas beigebracht", ergänzt Andreas Radke, der Müllers hilfsbereite und lockere Art schätzt.

Dass sich Müller so sehr im Behindertensport engagieren würde, war zunächst nicht abzusehen. 1938 in Neuss geboren kam er durch die (Burgunder-)Schule zum Boxen, später wurde er Sportschütze. Nach der Schule wurde er zunächst Friseur, dann Meisterprüfer und Kosmetikbeauftragter des deutschen Friseurhandwerks.

1984 lernte er durch einen Besuch auf dem Neustraßenfest zum ersten Mal Menschen mit Behinderung kennen. Nachdem ihn kurze Zeit später Sportler mit geistiger Behinderung gefragt hatten, ob sie beim NTC Stadtwald trainieren dürften, trat Müller mit dieser Bitte an den damaligen Vorsitzenden Peter Röttges heran, der nur sagte: "Mach mal." Und Müller setzte es wie selbstverständlich in die Tat um: Die heutigen "Unified Fighters" waren geboren. NTC-Vorsitzender Wolfgang Mußmann erkennt heute noch diesen Willen in ihm, einfach etwas anzupacken: "Hermann denkt nicht zu sehr um die Ecke. Wenn er etwas machen will, dann macht er es", erläutert Mußmann."

Diese Eigenschaft war es wohl auch, die ihn dazu antrieb, sich im Behindertensport noch stärker zu engagieren: 1997, kurz nachdem er "Special Olympics" - die Sportorganisation für Menschen mit geistiger Behinderung - kennengelernt hatte, wurde er von den Verantwortlichen gefragt, ob er nicht deutschlandweit den damals noch nicht vorhandenen Tennis-Bereich aufbauen wolle. "Das war für mich selbstverständlich", sagt Müller. Fortan war er zwölf Jahre lang nationaler Tenniskoordinator von "Special Olympics" und noch bis Oktober Koordinator für NRW. "Er hat sich in jeder freien Minute in den Dienst des Behindertensports gestellt, ohne irgendeine Gegenleistung zu erwarten", sagt Ewald Eifert, der mit seinem Team Müllers Aufgaben bei den "Unified Fighters" übernehmen wird.

Gänzlich zur Ruhe setzen will sich der 78-Jährige, der zusammen mit seiner Frau zwei Kinder und drei Enkel hat, jedoch noch nicht: Seit zwölf Jahren leitet der Tennistrainer an der Sankt-Stephanus-Schule in Grefrath Tennis-AGs - ein Engagement, mit dem er weitermachen will. Und auch bei den Neusser Scheibenschützen ist Müller seit 1967 aktiv: "Da bin ich zu Hause, genau wie hier bei den Unified Fighters." Zudem wurde ihm am Sonntag - zusammen mit Ehrenpreisen des Kreissportbundes und von Special Olympics NRW - die Ehrenmitgliedschaft der "Unified Fighters" verliehen, als "letzte Auszeichnungen, die ihm noch fehlten", wie Mußmann angesichts Müllers zahlreicher Ehrungen augenzwinkernd bemerkte.

(sgl)
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