Lokalsport Der Steinewerfer aus Norf wird 80

Norf · Bei den Weltmeisterschaften der Spezialsportler in Ungarn holt der TSV-Leichtathlet seinen 35. Titel.

 Auch mit 80 Jahren stellt sich Dieter Wolf noch mit größtem Eifer jedem Wettkampf - trotz seiner Ischias-Beschwerden.

Auch mit 80 Jahren stellt sich Dieter Wolf noch mit größtem Eifer jedem Wettkampf - trotz seiner Ischias-Beschwerden.

Foto: L. Berns

Ab morgen ist Dieter Wolf Mitglied im erlesenen Klub der 80-Jährigen. Internationale Größen wie Dustin Hoffmann, Robert Redford, Jack Nicholson und Uwe Seeler sind schon drin - wahrlich nicht die schlechteste Gesellschaft! Womöglich sind die Stars aus Film und Fernsehen sogar ein bisschen neidisch auf den agilen Norfer, denn in Sachen Fitness ist der Leichtathlet des TSV Bayer Dormagen kaum zu schlagen. Bei den 12. Werfer-Weltmeisterschaften der LSW-Spezialsportler im ungarischen Tata machte er gerade erst den 35. Titel seiner wohl einzigartigen Karriere perfekt.

So richtig glücklich ist der ehemalige Geheimdienst-Offizier, der seine hochdramatischen Erlebnisse im Kampf gegen Stasi-Agenten, kriminelle Mitbürger und bis an die Zähne bewaffnete Khmer Rouge Rebellen möglichst bald in Buchform zu veröffentlichen gedenkt, freilich nicht. "Wegen meiner Ischias-Geschichte bin ich seit Monaten nicht der, der ich sein könnte. Wenn ich dieses Problem in Tata nicht gehabt hätte, hätte ich ganz sicher zehn WM-Titel geholt statt sechs."

Das heißt freilich nicht, dass der Hobby-Autor, für dessen rund 350 Seiten starken Memoiren sich auch Oberstleutnant Dr. Helmut R. Hammerich, der am Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr in Potsdam im Auftrag des Verteidigungsministeriums alles Wissenswerte über die Arbeit des Militärischen Abschirmdienstes zusammenträgt, längst brennend interessiert, nicht von Herzen gönnen kann. Dass ihn sein noch ein Jahr älterer Vereinskollege Heinz Georg Schmitz (M80) ausgerechnet in seinen Paradedisziplinen Ultrasteinstoßen (12,5 Kilogramm) und Steinstoßen (5 kg) auf Platz zwei verwies, nahm er mit Humor: "Ich habe ihn erst zum Spezialsport gebracht - und jetzt schlägt er mich. Unglaublich! Denn normalerweise bin ich da nie und nimmer zu schlagen." Sein Goldmedaillenkonto bereicherte er stattdessen mit WM-Siegen im Keulenwerfen (34,02 Meter mit einer 250 Gramm schweren Keule), im Schockorama (Dreikampf aus dem Stand mit zwei, 2,5 und drei Kilogramm schweren Kugeln), Shotorama (Fünfkampf mit Kugeln von drei bis 7,26 Kilogramm), im diese beiden Disziplinen zusammenführenden Athletik-Zweikampf sowie im -Dreikampf. Seine Bilanz: sechs erste, vier zweite und zwei dritte Plätze. Kaum minder beeindruckend liest sich das WM-Zeugnis des bärenstarken Heinz Georg Schmitz, das zweimal Gold, fünfmal Silber und einmal Bronze ausweist.

Besonders stolz sind die beiden TSV-Athleten auf den nur bei Welt- und Europameisterschaften möglichen Weltrekord für Nationalmannschaften im Schockorama: Das deutsche M80-Team mit Dieter Wolf (50,49 Meter), dem Pforzheimer Toni Gasmann (49,51) und Heinz Georg Schmitz (44,70) setzte mit 144,70 Meter eine neue Bestmarke. Der bisherige Rekord in dieser Altersklasse hatte bei 142,89 Meter gelegen. Zu Ende ist die Saison für die so umtriebigen Spezialsportler damit indes noch immer nicht: Am 10. September geht es nach Pulheim zu den nationalen Titelkämpfen im Schockorama und Shotorama. Und am 3. Oktober stehen in Norf die 16. Deutschen Meisterschaften im Acht- und Zehnkampf auf dem Plan. "Da erwarten wir 30 bis 40 Teilnehmer", sagt Wolf. Für den im Übrigen auch mit 80 noch längst nicht Feierabend ist. "Ich höre noch nicht auf", versichert er. Dazu ist er - trotz seiner Ischias-Beschwerden - einfach noch zu fit, dazu liebt er den fairen Wettstreit mit über die Jahre zu Freunden gewordenen Konkurrenten wie Hugh Richardson aus England zu sehr. Dabei weiß er sich in guter Gesellschaft: Der älteste Teilnehmer der WM kam aus Ungarn und zählte 95 Jahre. Fortsetzung folgt ...

(NGZ)
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