Lokalsport Der Meister wankt, doch er fällt nicht

Dormagen · In einem spannenden und hochklassigen Lokalderby beim TSV Bayer Dormagen schrammt der Neusser HV eine Woche nach seinem Titelgewinn in der 3. Handball-Liga West nur hauchdünn an der ersten Saisonniederlage vorbei.

 In seinem letzten Heimspiel für den TSV Bayer Dormagen trumpfte Max Bettin (hier verfolgt von Dennis Aust) noch einmal auf und wurde nach dem Schlusspfiff wie sechs weitere "Abgänge" verabschiedet.

In seinem letzten Heimspiel für den TSV Bayer Dormagen trumpfte Max Bettin (hier verfolgt von Dennis Aust) noch einmal auf und wurde nach dem Schlusspfiff wie sechs weitere "Abgänge" verabschiedet.

Foto: .Zaunbrecher

Selten dürfte ein Verlierer nach einem Lokalderby so gefeiert worden sein wie der TSV Bayer Dormagen am Samstagabend von mehr als tausend der 1122 Zuschauer im Bayer-Sportcenter: "Wir sind der moralische Sieger", stellte Handball-Geschäftsführer Björn Barthel nach der 31:32-Niederlage gegen den Neusser HV fest, der eine Woche nach seinem Titelgewinn in der 3. Handball-Liga West zur Pause bereits 18:11 geführt hatte und trotzdem bei seinem 32:31-Sieg hauchdünn an der ersten Saisonniederlage vorbei schrammte.

Was Alexander Koke nach dem letzten Heimspiel unter seiner Regie zu dem Fazit brachte: "Mit dieser zweiten Halbzeit hat sich meine Mannschaft würdig von ihren Fans verabschiedet." Die nicht nur den Trainer, sondern gleich ein halbes Dutzend Spieler mit minutenlangem Beifall verabschiedeten und so bestätigten, was der zur HG Saarlouis wechselnde Pascal Noll in seiner Abschiedsrede auf den Punkt brachte: "Hier macht das Handballspielen wirklich Spaß."

Lokalsport: Der Meister wankt, doch er fällt nicht
Foto: Heinz J. Zaunbrecher

Der auf Seiten des Siegers hielt sich an diesem Abend dagegen in Grenzen. "Was die letzten 23 Spielminuten angeht, kann ich nur noch damit einverstanden sein, dass wir am Ende die nächsten zwei Punkte eingefahren haben", bilanzierte Trainer Ceven Klatt und machte "Undiszipliniertheiten" und das Gefühl, dass seine Schützlinge "im letzten Spieldrittel zu früh einen Gang herausgenommen" hätten, dafür verantwortlich, dass die auf insgesamt gutem Niveau stehende Partie beinahe vollständig gekippt wäre zugunsten der Hausherren.

Dabei schien sich im ersten Durchgang eine Kopie des Hinspiels anzubahnen, das den Dormagenern nach einem 5:5-Zwischenstand (16.) mit dem 16:28 die höchste Saisonniederlage beschert hatte. Diesmal lag der TSV, der wie angekündigt auf seine drei Jugend-Nationalspieler verzichtete, nach 14 Minuten mit 7:5 in Front - nicht unverdient, weil die Hausherren eine starke Deckungsleistung mit den Hüter-Brüdern im Innenblock aufs Parkett legten. Dann kippte das Spiel, "weil wir nicht mehr den Ball haben laufen lassen und zu viel Eins-gegen-eins gegangen sind", analysierte Koke. Und so lassen sich die Neusser, die entgegen ihrer Ankündigung mit dem (bis auf den Ex-Dormagener Marian Basic) kompletten Kader antraten, nicht ins Bockshorn jagen. Im Gegenteil: Weil sich die Hausherren nun in - erfolglosen - Zweikämpfen aufrieben, der Gästeangriff durch die Hereinnahme von Alexander Oelze (für den wenig beweglichen Christopher Klasmann) mehr Tempo und Beweglichkeit gewann, setzte sich der Meister binnen zwölf Minuten auf 15:9 und bis zur Pause auf 18:11 ab.

Vorentscheidend, wie alle meinten. "Wir haben den Jungs in der Kabine gesagt, sie sollen einfach den Ball wieder laufen lassen, so wie in der ersten Viertelstunde", verriet Co-Trainer Frederik Rudloff, der selbst noch einmal in der Deckung aushalf. Ein einfaches, aber erfolgreiches Rezept. Nachdem beim 13:22 (37.) ein zweistelliges Debakel drohte, packten die Dormagener gegen nachlassende Neusser ihr Kämpferherz aus. Innerhalb von sechs Minuten hatten sie dank fünf Treffern in Folge aus einer scheinbar einseitigen Angelegenheit ein plötzlich wieder spannendes Spiel (18:22, 43.) gemacht.

Und sie kamen noch näher, weil den Gästen außer Einzelaktionen des überragenden Daniel Pankofer, mit 9/3 Toren neben dem starken Dennis Aust (8) auch bester Werfer, nicht mehr allzu viel Kreatives einfiel. Auch das konditionelle Plus, dem der Meister viele in der Schlussphase enger Spiele sichergestellte Siege zu verdanken hatte, half nicht - da war Dormagen mindestens auf Augenhöhe. Und als Ian Hüter nach 49 Minuten auf 23:25 verkürzte, "kam" auch die Halle.

Am Ende rettete das taktische Geschick des eingewechselten Felix Handschke den 28. Neusser Sieg im 29. Saisonspiel. Bayer lief die Zeit davon, so dass es nur noch zu Treffern von Rückkehrer Sebastian Linnemannstöns und KC Brüren zum 31:32-Endstand reichte - zwei Minuten mehr auf der Uhr, und der NHV hätte wohl zum ersten Mal in dieser Spielzeit den Geschmack einer Niederlage kosten müssen.

"Jetzt wollen wir versuchen, mit einem Sieg gegen Hagen die Saison ungeschlagen zu beenden", sagt Ceven Klatt. Die Gäste haben dank ihres 35:18-Sieges (!) über den Longericher SC die Vizemeisterschaft und die Aufstiegs-Relegation sicher. Bei eben diesen Longerichern gastiert der TSV Bayer. "Und da wollen wir noch mal eine solche Leistung abrufen", sagt Alexander Koke - am liebsten von einem Sieg gekrönt.

(NGZ)
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