Lokalsport Das Ziel heißt Aufstieg

Neuss · Es ist eine bunte Mischung, mit der der TC Blau-Weiss Neuss die Rückkehr in die Tennis-Bundesliga anstrebt. Auftakt ist am 16. Juli an der Jahnstraße gegen Altmeister LTTC Rot-Weiss Berlin

Lokalsport: Das Ziel heißt Aufstieg
Foto: Woitschützke Andreas

So ändern sich die Zeiten: Der LTTC Rot-Weiss Berlin, einst sportliche Heimat solch prominenter Tennisspieler wie Gottfried von Cramm, Christian Kuhnke, Hans-Jürgen Pohmann und Boris Becker, führt mit 13 Titelgewinnen die Rekordliste der Deutschen Mannschaftsmeister an. Zweiter ist mit zehn Meisterschaften der TC Blau-Weiss Neuss, dessen Promi-Liste mit Rafael Nadal, Gustavo Kürten, Eric Jelen, Michael Westphal, Andreas Maurer oder Marc-Kevin Göllner auch nicht von schlechten Eltern ist.

Alles Vergangenheit. In der Gegenwart stehen sich die beiden Traditionsklubs am kommenden Sonntag (16. Juli, 11 Uhr) an der Jahnstraße zum Auftaktmatch der Zweiten Bundesliga Nord gegenüber. Es ist eine Zäsur: 36 Jahre gehörten die Neusser der Tennis-Bundesliga an, nur der TK Grün-Weiss Mannheim (41) hat eine längere Geschichte. Zwei Mal - 1994 aus finanziell-vertragsrechtlichen, 1997 aus sportlichen Gründen - stiegen die Blau-Weissen ab und direkt wieder auf. Und weil aller guten Dinge auch im Vereinsleben drei sind, peilen sie an der Jahnstraße auch in der bis zum 13. August laufenden Saison den direkten Wiederaufstieg an.

 Setzen beim Unterfangen direkter Wiederaufstieg voll auf die Karte Nachwuchsspieler: die Neusser Teamverantwortlichen Marius Zay und Clinton Thomson (v.l.). Ein Haudegen wie Hans Podlipnik-Castillo (o.) stört da nicht - er soll die jungen Leute führen.

Setzen beim Unterfangen direkter Wiederaufstieg voll auf die Karte Nachwuchsspieler: die Neusser Teamverantwortlichen Marius Zay und Clinton Thomson (v.l.). Ein Haudegen wie Hans Podlipnik-Castillo (o.) stört da nicht - er soll die jungen Leute führen.

Foto: -woi

Doch die Zeiten haben sich geändert. Sorgte einst Ernst-Ludwig Hansmann als vermögender und mit guten Kontakten ausgestatteter Mäzen dafür, dass die Neusser im damals noch Regionalliga genannten Unterhaus der Konkurrenz eindeutig überlegen waren und beide Male den "Betriebsunfall" mehr oder weniger im Vorbeigehen reparierten, sieht sich Marius Zay diesmal vor einer Reise ins Ungewisse.

Die Spieler, mit denen der blau-weisse Teamchef das Unterfangen Wiederaufstieg in Angriff nimmt, sind neu. Geblieben aus dem Bundesliga-Kader von vor einem Jahr sind nur Dauerbrenner Adrian Ungur (32) und die letztjährigen Debütanten Frederik Nielsen (33) und Hans Podlipnik-Castillo (29). Sie bilden, zusammen mit den "Spielertrainern" Clinton Thomson (32), Kevin Deden (33), Sascha Klör (32) und Marius Zay (34), die erfahrenen Haudegen im blau-weissen Aufgebot und sollen den Rest, von dem keiner älter als 23 Jahre ist und keiner bislang in der (deutschen) Bundesliga Erfahrung sammelte, ans Händchen nehmen und zum Erfolg führen.

Trotzdem, oder gerade deswegen, traut Marius Zay seine Truppe eine Menge zu. "Die sind alle heiß, die wollen sich beweisen", sagt er über Spieler wie die beiden Niederländer Botiv van de Zandschulp (21) und Niels Lootsma (22). Und er sagt: "Die sind alle auf dem Weg nach oben." Bestes Beispiel sind der Tscheche Zdenek Kolar und der Franzose Maxime Janvier. Die beiden 20-Jährigen führen die blau-weisse Meldeliste an. Als die Ende März beim Deutschen Tennis-Bund (DTB) abgegeben werden musste, stand Kolar auf Rang 241 der Weltrangliste. Inzwischen hat sich der Tscheche bis auf Platz 165 hoch gearbeitet. Janvier ist von Platz 263 auf 241 geklettert, Niels Lootsma sogar von 463 auf 327.

"Zum Glück haben wir frühzeitig mit den Personalplanungen begonnen und die Verträge zu einem Zeitpunkt abgeschlossen, als die Spieler noch nicht so weit vorne standen", gibt der Teamchef zu. Das spart Geld, mit dem die Neusser spätestens seit dem Tod von Elu Hansmann nicht mehr allzu üppig ausgestattet sind. Daran hat sich nach dem Abstieg naturgemäß nichts geändert. Allerdings, sagt Zay, "stehen wir finanziell auch nicht schlechter da als in der vergangenen Spielzeit. Wir haben nur weniger Kosten." Und das, obwohl in der Zweiten Liga sechs Einzel und drei Doppel bestritten werden müssen. Und die Anreisen eher weiter sind als in Liga eins.

Denn auch die Gegner sind neu und weitgehend unbekannt. Was auch die Einschätzung der Konkurrenten um den einen Aufstiegsplatz erschwert. Den TC Iserlohn hat Marius Zay ganz oben auf seiner Liste stehen, nicht nur, weil die Sauerländer im Spanier Guillermo Garcia Lopez (ATP 143) den am besten platzierten Spieler der Weltrangliste in ihrem Kader haben. Bekanntester Name der 144 gemeldeten Spieler, darunter etwas mehr als die Hälfte mit deutschem Pass, ist der Finne Jarkko Nieminen (Suchsdorfer SV) - der 35-Jährige war mal Nummer 13 der Welt.

Ob die Top-Leute wirklich auflaufen, und wenn ja, wie oft, diese Frage im Vorfeld der Saison zu beantworten gleicht dem berühmten Lesen im Kaffeesatz. Marius Zay hingegen versichert, "dass wir so oft wie möglich das stärkstmögliche Team aufbieten wollen" - was höchstens daran scheitern könnte, dass vier Spieltage an einem Freitag im Kalender stehen und die guten Leute dann noch bei Turnieren aktiv sein könnten. Eines stellt Clinton Thomson, die in Australien geborene rechte Hand Zays in der Teamleitung, auf jeden Fall klar: "Wer nach dem Abstieg gedacht hat - und viele haben es sogar gesagt - Blau-Weiss ist am Ende, der hat sich getäuscht." Im Gegenteil: Den Vereinsnamen haben sie offiziell um das Motto ihrer Tennisschule ergänzt. Das lautet: Tennis ewige Liebe - "und das meinen wir auch so", sagt Clinton Thomson.

(NGZ)
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