Lokalsport Das Leben spielt den Jockeys oft übel mit

Neuss · Filip Minariks Wandel könnte ihm erneut den Championatstitel bescheren - andere kämpfen mit ihrem Körper und ihrem Kopf.

 Hein Bollow ist immer noch Vorbild für viele Jockeys, vor allem für den ihm freundschaftlich verbundenen Filip Minarik (l.). Während Robin Weber mit Gewichtsproblemen kämpft, hat Daniele Porcu (unten) einen viel größeren Kampf zu bestehen: Beim Italiener wurde eine Krebserkrankung festgestellt.

Hein Bollow ist immer noch Vorbild für viele Jockeys, vor allem für den ihm freundschaftlich verbundenen Filip Minarik (l.). Während Robin Weber mit Gewichtsproblemen kämpft, hat Daniele Porcu (unten) einen viel größeren Kampf zu bestehen: Beim Italiener wurde eine Krebserkrankung festgestellt.

Foto: Tuchel (2)/strücken

Wenn am Samstag ab 16.30 Uhr mit acht Rennen die Neusser Galoppsaison zu Ende geht, kämpft der Jockey Filip Minarik noch um sein viertes Jockey-Championat nach 2005, 2011 und 2016. Er führt mit drei Punkten Vorsprung vor Alexander Pietsch - es steht 67:64 für den Titelverteidiger. Minarik und Pietsch reiten beide in allen acht Rennen. Das Finale mit der Championatsehrung findet am Zweiten Weihnachtstag in Dortmund statt. Bei allen Unwägbarkeiten dieses Sports: Eigentlich sollte der Champion erneut Filip Minarik heißen.

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Foto: Klaus-Joerg Tuchel

Einen Titel hat er bereits sicher: Die 14 Juroren des Informationsdienstes Galopp Intern haben ihn in der 760. Ausagabe im 34.Jahrgang des "gelben Blattes" zum Jockey des Jahres gewählt. Mit dem soliden Jockey-Handwerker Adrie de Vries, dem Windstoß-Derbysieger Maxim Pecheur, der couragierten Sonja Daroszewski und dem mit großen reiterlichen Gnaden und Gaben gesegneten Andrasch Starke gab es auch Meinungen für andere Reiter, aber keiner schaffte sechs Stimmen der Experten wie Minarik. Die Juroren würdigen damit nicht nur den erfolgreichen Reiter auf dem zweifachen Gruppe-I-Sieger Guignol (der seine Rennlaufbahn beendet hat), sondern vor allem den Wandel in seinem Leben. Das war aus vielen Gründen in den letzten Jahren gründlich aus den Fugen geraten. Seine Familie mit Ehefrau Katja an der Spitze hat ihn zurück auf die Realitäten des Lebens geholt. Er sagt: "Mein Leben hat sich komplett verändert."

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Foto: Strücken Lothar

Filip Minariks Entwicklung ist nur ein Beispiel für das nicht einfache Leben im Jockeyberuf. Auf einem völlig anderen Gebiet plagt sich der 18-jährige Neusser Robin Weber in seinem geliebten Beruf. Der Sohn der jetzt in Warendorf lebenden Trainerin Marion Weber (vorher in Neuss tätig) wurde schon wieder gesperrt, diesmal neun Renntage. Fast immer aus dem gleichen Grund: Er kann die verlangten Gewichte nicht auf die Waage bringen. In der Saison 2017 stand er acht Mal vor den Rennleitungen und wurde für insgesamt 28 Renntage gesperrt. Einsamer Rekord in Deutschland. Das Unglaubliche dabei: Robin Weber wird trotzdem am 26. Dezember zum Nachwuchschampion gekürt. 22 Rennen hat dieses große Talent gewonnen, das schon in vielen Ponyrennen die Gegner deklassierte.

Robin Weber wurde immer größer und schwerer und wenn es in den Bereich von 58 Kilogramm geht, dann wissen die auf den Bahnen tätigen "Abwieger" ganz genau, dass es für ihn eng wird. Die letzte Sperre stammt vom Renntag am 21. November in Neuss, es ging um 57,5 Kilogramm, die Waage zeigte 60 Kilogramm. Ein Kilo Gewicht bedeutet auf einer Distanz von 2000 Metern eine Länge, Gewichte sind im Galopprennsport ein elementarer Faktor. Besonders deutlich wird das bei Vergleichen in anderen Bereichen. Selbst Usain Bolt mit einem 20 kg Bleisack auf dem Rücken gewinnt über 100 Meter niemals gegen einen talentierten Kreismeister.

Am Tag nach dem Neusser November-Renntag verunglückte Tomasso Scardino beim Training in Mannheim schwer, landete mit inneren Verletzungen auf der Intensivstation und erholt sich mühsam. In Neuss hatte er noch mit Platin Lover gewonnen und war damit noch ein Gegner für Robin Weber um das Azubi-Championat. Webers anderer Konkurrent Ali Alshowaikh ist Dauergast bei der Rennleitung für Sperren nach Peitschen-Delikten. Der talentierteste von allen ist Marco Casamento aus Palermo. Er ist wegen einer peinlichen Pinkel-Affäre am Rande des Leipziger Jubiläums-Renntages gesperrt, muss zudem Sozialstunden in Leipzig ableisten. Beim Frühjahrs-Meeting in Iffezheim verschlief er nach ausgiebiger Feier nach zwei Siegen einen Renntag.

Ein anderes Jockey-Schicksal hat die deutsche Turfszene erschüttert. Der in Düsseldorf lebende Italiener Daniele Porcu (34) ist an Krebs erkrankt und kämpft in einer Klinik seiner Heimat um sein Leben. Noch am 26. November ritt er - offenbar schon geschwächt von der Krankheit - den "Galopper des Jahres" Iquitos im Japan-Cup in Tokio und die Besitzer wunderten sich schon im Führring über den schlechten Zustand. Seine Ritte am 21. November in Neuss hatte er bereits überraschend abgesagt.

(NGZ)
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