Lokalsport Bayer-Bubis siegen auch ohne Abwehr
Dormagen · Beim 37:29-Sieg über die SG Ratingen brennt Handball-Drittligist TSV Bayer Dormagen ein Feuerwerk in der Offensive ab, vernachlässigt darüber aber die Abwehrarbeit. Erneut übernimmt die junge Garde Verantwortung auf dem Parkett.
Es gibt (Handball-)Spiele, da spielt eine Mannschaft nur so gut, wie es der Gegner zulässt. Es gibt aber auch solche, da spielt ein Team nur so gut, wie es der Gegner verlangt. Die Partie des TSV Bayer Dormagen gegen die SG Ratingen gehört eindeutig zur letzteren Kategorie. Denn ohne den mit erst einem Saisonzähler verzweifelt um die sportliche Existenz in der Dritten Liga kämpfenden Gästen zu nahe treten zu wollen - hätten die Dormagener wirklich ernst gemacht, wäre ein deutlicherer Sieg als das 37:29 (Halbzeit 19:15) die Folge gewesen.
So aber demonstrierten die Bayer-Bubis - das Durchschnittsalter der zwölf eingesetzten Feldspieler lag am Samstagabend bei 20,7 Jahren - , dass man ein Handballspiel auch dann gewinnen kann, wenn man die eigene Defensivarbeit eher vernachlässigt. Sicher, die Ratinger um ihren mit allen Handball-Wassern gewaschenen Spielertrainer Simon Breuer sind aufgrund seiner trickreichen und vielfach verdeckten Anspiele nicht immer einfach zu verteidigen. Doch weil die Hausherren sich allzu oft von ihren Gästen im Eins-gegen-eins-Spiel düpieren ließen, kam die SG zu vielen zu einfachen Toren, da nutzten auch 13 Paraden von Sven Bartmann nichts.
Alexander Koke war das natürlich nicht verborgen geblieben: "Hinten hat uns ein bisschen der Biss gefehlt", monierte der Spielertrainer, der das Geschehen erneut nur von der Bank aus verfolgte. Und wer weiß auch, dass das gegen stärkere Gegner leicht in die Hose gehen kann: "Daran müssen wir in der kommenden Trainingswoche arbeiten" - schließlich wartet am Samstag (19.30 Uhr, Waldsporthalle) das Lokalduell beim TV Korschenbroich auf die Dormagener.
Doch eine bissige Defensive hat immer etwas mit der Einstellung zu tun. Und wem es vorne so leicht gemacht wird - außer zwei gehaltenen Siebenmetern in der Anfangsphase gegen Max Bettin gelang David Ferne erst nach 32 Minuten die erste Ratinger Torhüterparade - der verspürt offenbar nicht den ganz großen Drang, auf der anderen Seite des Spielfeldes da hin zu gehen, wo es weh tut. Irgendwie verständlich...
Vielleicht wäre es anders gekommen, hätten die Ratinger nicht kurzfristig auf ihren angeschlagenen Abwehrchef Damian Janus verzichten und "deshalb am Freitag noch unsere Defensivtaktik umbauen müssen", wie Simon Breuer berichtete. Dass das Schiedsrichtergespann Philipp Jäckel und Christian Staszak insgesamt 17 Zeitstrafen aussprach, erhöhte nicht gerade die Bereitschaft, sich intensiv mit Deckungsarbeit zu beschäftigen. Und es sorgte für ein unendlich lang scheinendes, mitunter reichlich zerfahrenes Handballspiel, bei dem nicht nur die 903 Zuschauern, sondern auch der eine oder andere Beteiligte immer mal wieder zur Hallenuhr schaute. Dass beide Trainer die Unterzahl durch den "siebten Feldspieler" auszugleichen versuchten, was zu insgesamt vier Treffern (2:2) ins leere Tor und zwei Zeitstrafen wegen Wechselfehlern (1:1) führte, erhöhte nicht unbedingt die Attraktivität des Dargebotenen.
Doch es gab auch Sicht der Hausherren auch Positives: Die junge Garde um den überragenden Lukas Stutzke, Eloy Morante Maldonado (beide 18) und Ian Hüter (19) stellte erneut unter Beweis, das sie inzwischen weit mehr als nur "Jokerfunktion" hat - sie "machte" vielmehr über weite Strecken das Spiel, auch wenn der mit seinen 20 Jahren schon zu den "Routiniers" zählende Pascal Noll die meisten Tore (12/6) erzielte. Und der große Kader erlaubte Koke manchen Wechsel und manches taktische Experiment - was aber nur dann funktioniert, wenn der Gegner es zulässt.