Lokalsport Afghanistan-Einsatz lehrte ihn Gelassenheit

Neuss · Marco Klein, ein Galopp-Trainer mit ungewöhnlicher Geschichte, sattelt heute bei den acht Rennen auf der Neusser Bahn drei Pferde.

 Ein Galopptrainer mit ungewöhnlicher Lebensgeschichte: Marco Klein (r.) sattelt heute in Neuss drei Pferde, die alle von Tommaso Scardino (l.) geritten werden. Kleins Schwester Katrin ist auch am Stall in Mannheim beschäftigt.

Ein Galopptrainer mit ungewöhnlicher Lebensgeschichte: Marco Klein (r.) sattelt heute in Neuss drei Pferde, die alle von Tommaso Scardino (l.) geritten werden. Kleins Schwester Katrin ist auch am Stall in Mannheim beschäftigt.

Foto: Tuchel

Wenn man die Handy-Nummer des Trainers Marco Klein wählt, dann kann es durchaus passieren, dass man nicht nur die Stimme des Trainers, sondern auch Trecker-Geräusche hört. Marco Klein bewegt auf der Rennbahn in Mannheim-Seckenheim dieses landwirtschaftliche Gerät selbst. Er sitzt nicht nur auf dem Trecker, sondern ist in jeder Hinsicht ein ungewöhnlicher Trainer.

Heute sattelt er bei den acht Rennen ab 17 Uhr in Neuss drei Pferde: Simineh im dritten, Platin Lover im vierten Rennen und im achten und letzten Rennen um 20.45 Uhr hofft er auf den vierjährigen Wallach Exclusive Potion. Im Fachblatt "Sport-Welt" äußerte sich Marco Klein zu den Chancen: "Platin Lover kam zuletzt in Dortmund mit viel Speed von weit hinten angeflogen und musste weit außen herum. Trotzdem wurde er noch guter Dritter. Er hat bombig trainiert und ich rechne mir in Neuss wieder einiges aus."

Auf den Start des Wallachs Exclusive Potion muss er bis zum letzten Rennen warten: "Er ist bei dem Start über die kurze Distanz in Fontainebleau vor dem Feld hergejagt worden. Das war überhaupt nicht sein Ding. Deshalb haben wir ihn umgestellt. In Neuss ist über 1100 Meter ein sehr schnelles Rennen zu erwarten, ich habe viel Mumm auf ihn." Sein bislang einziges Rennen hat der Wallach am 6. März 2016 in Rom gewonnen.

Den Auftakt der Klein-Starter macht im dritten Rennen über 1500 Meter die vierjährige Fuchsschimmel-Stute Simineh. Klein: "Sie ist im Sommer dreimal in Frankreich gelaufen, das hat sie nicht sonderlich gut verkraftet. Bei den beiden letzten Starts in Iffezheim und in Köln ging es wieder besser. Ich erwarte sie in Neuss auf einem der ersten Plätze." Ein Rennen gewonnen hat die Stute mit der auffälligen Farbe allerdings noch nie.

Im Sattel der drei Pferde aus Mannheim sitzt der gebürtige Italiener Tommaso Scardino (22), der noch im Kampf um das Nachwuchs-Championat mitmischt. Beim Renntag am 26. März 2017 in Mannheim gelangen ihm fünf Siege, vier davon auf Pferden von Marco Klein. Das Talent von Scardino war hierzulande früh erkannt, doch es dauerte eine Weile, ehe er sich auch außerhalb des Rennsattels stabilisierte. Weil er die Berufsschule schwänzte, wurde er vom Verband sogar gesperrt. Im Nachwuchs-Championat führt der in Köln tätige Neusser Robin Weber mit 19 Siegen vor Ali Alshowaikh mit 18 Erfolgen und Tommaso Scardino mit 17 ersten Plätzen. Weber hat heute fünf Ritte, Alshowaikh nur einen.

Marco Klein ist ein Seiteneinsteiger im Galopprennsport. Als Soldat mit einer Dienstzeit von elf Jahren war der Hauptfeldwebel in der Funktion eines Rettungs-Sanitäters dreimal in Afghanistan und versorgte Verletzte nach Sprengstoff-Anschlägen. Marco Klein: "Ich habe dort vor allem eines gelernt: gelassen zu bleiben."

Noch heute absolviert der gelernte Krankenpfleger sechs Nachtdienste in der St. Jospeh-Klinik seiner Heimatstadt Viernheim. Die Pferde werden nicht wie andernorts am frühen Morgen, sondern nachmittags trainiert, morgens kommen sie an die Führmaschine. Klein: "Schließlich sind auch die Rennen fast immer am Nachmittag und nicht frühmorgens." Durch Reiterferien und Besuche auf der Rennbahn in Mannheim-Seckenheim kam ein Kontakt zu Trainer Horst Rudolph zustande. Über den Status des Besitzertrainers absolvierte Marco Klein 2015 die Trainer-Prüfung. Schon 2009 gewann er mit Gold of Dubai für seine Schwester Katrin sein erstes Rennen. Das Pferd war ein Abitur-Geschenk.

Am Stall mit den mittlerweile 30 Pferden in Mannheim ist die gesamte Familie im Einsatz. Der Badische Rennverein feiert in diesem Jahr sein 150-jähriges Bestehen. Es ist einer der wenigen Rennvereine dieses Landes mit einer positiven Bilanz. Die Bedeutung dieser Bahn könnte nach dem Ausfall von Frankfurt am Main - auf dem Rennbahngelände wird die DFB-Akademie gebaut - noch größer werden. Allerdings sind die Ausdehnungsmöglichkeiten in Mannheim überschaubar.

(kgö)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort