Rhein-Kreis Neuss Kreis erwartet die Ankunft von 300 Flüchtlingen

Grevenbroich · Der Rhein-Kreis Neuss erwartet die Ankunft der vom Land zugewiesenen 300 neuen Flüchtlinge in Grevenbroich. Die Flüchtlinge sollen im Verlauf des Sonntagabends ankommen. Sie sollen in der zur Notunterkunft umgebauten Dreifachturnhalle des kreiseigenen Berufsbildungszentrums (BBZ) untergebracht werden.

 Landrat Hans-Jürgen Petrauschke (r.) und Kreisdirektor Dirk Brügge (m.) prüfen gemeinsam mit Ines Manolias, Leiterin des Amtes für Gebäudewirtschaft des Rhein-Kreises Neuss, und Benjamin Josephs, Flüchtlingsbeauftragter des Rhein-Kreises Neuss, die fortschreitenden Arbeiten in der zur Notunterkunft umgebauten Dreifachturnhalle.

Landrat Hans-Jürgen Petrauschke (r.) und Kreisdirektor Dirk Brügge (m.) prüfen gemeinsam mit Ines Manolias, Leiterin des Amtes für Gebäudewirtschaft des Rhein-Kreises Neuss, und Benjamin Josephs, Flüchtlingsbeauftragter des Rhein-Kreises Neuss, die fortschreitenden Arbeiten in der zur Notunterkunft umgebauten Dreifachturnhalle.

Foto: Rhein-Kreis Neuss

Bauzäune trennen inzwischen das Gelände um die Dreifachturnhalle vom restlichen Schulgelände, auch Teile der Parkflächen vor dem Schulgebäude mussten gesperrt werden. Die angrenzenden Schulen sollen aber so wenig wie möglich beeinträchtigt werden. Der Sportbetrieb in den Turnhallen des BBZ kann aber auf unbestimmte Zeit nicht stattfinden. Die betroffenen Sportvereine und angrenzenden Anwohner wurden noch am Freitag von den Notmaßnahmen unterrichtet.

Der von Landrat Hans-Jürgen Petrauschke eingesetzte Krisenstab unter Leitung von Kreisdirektor Dirk Brügge versuchte am Wochenende, die Turnhalle in Windeseile für die Ankunft der Flüchtlinge vorzubereiten. Abschlussarbeiten werden jedoch noch am Montag laufen, erst dann können beispielsweise die restlichen 150 Feldbetten geliefert werden.

"Das, was wir jetzt erleben, ist eine akute Krise, die uns alle für längere Zeit auf eine harte Belastungsprobe stellen wird", sagt Landrat Hans-Jürgen Petrauschke. Gleichzeitig bittet er für die Notmaßnahmen um Verständnis bei betroffenen Schülern, Lehrern, Sportvereinen sowie Anwohnern. Weil schon seit Wochen für die Flüchtlinge kein Platz in den regulären Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes Nordrhein-Westfalen mehr besteht, werden die Menschen im Rahmen von Eil-Verfügungen des Landes auf die Kommunen verteilt. Erst am Freitagmittag stand nach Rücksprache mit der Bezirksregierung Düsseldorf fest, dass innerhalb von 72 Stunden eine Notunterkunft sowie Versorgung und Betreuung für 300 Flüchtlinge sichergestellt werden müssen.

"Wir wissen bis heute weder, woher die Flüchtlinge kommen, noch, welche Nationalität sie haben, ob es sich überwiegend um Männer, Frauen oder Familien handelt und ob Babys und Kleinkinder darunter sind", sagt Kreisdirektor Dirk Brügge. Vorsorglich habe man deshalb auch Kinderbetten und Babywindeln beschafft. Brügge lobte die gute Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung Grevenbroich, der Feuerwehr und den Hilfsorganisationen, die den Krisenstab des Kreises unterstützen.

Unklar ist auch der gesundheitliche Zustand der Flüchtlinge. Selbst die namentliche Registrierung kann durch die Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes nicht mehr bewältigt werden. "Wir stellen uns auf die namentliche Erfassung der ankommenden Flüchtlinge ein", so Brügge. Dolmetscher für verschiedene Sprachen sollen die Verständigung, auch mit dem eingesetzten Sicherheitsdienst, erleichtern. Nach der allgemeinen Registrierung ist der Gesundheitscheck aller 300 Flüchtlinge obligatorisch, der durch Amtsärzte des Kreisgesundheitsamtes in Zusammenarbeit mit niedergelassenen Kollegen durchgeführt wird.

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Foto: RPO, Laura Sandgathe

Jüchen übernimmt 100 Flüchtlinge

"Der logistische und personelle Aufwand bei immer knapper werdenden Beschaffungsressourcen ist riesig", sagt Brügge, der beispielsweise die inzwischen wochenlangen Lieferzeiten von Feldbetten und Toilettenanlagen nannte. Auch die Verpflegung für 300 Personen über das Kreiskrankenhaus Grevenbroich sowie die Beschaffung von Dingen des täglichen Bedarfs — von Zahncreme bis zu Hygieneartikeln — mussten im Krisenstab organisiert werden. Handwerker und Elektriker legten noch am Wochenende zusätzliche Wasser-und Stromleitungen. Die EDV-Abteilung des Kreises installierte eine WLAN-Verbindung sowie die benötigten Computer für die Registrierung. Das gesamte Amt für Gebäudewirtschaft und zahlreiche Mitarbeiter des Jugend- und Ordnungsamtes der Kreisverwaltung packten am Wochenende kurzerhand selber mit an, um Feldbetten und Sichtschutzzäune aufzubauen.

Voraussichtlich am Mittwoch sollen zur räumlichen Entlastung rund 100 Flüchtlinge in Abstimmung mit Bürgermeister Harald Zillikens vom BBZ nach Jüchen verlegt werden. Dort laufen die letzten Handwerkerarbeiten in einem ehemaligen Supermarkt.

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Foto: Christoph Reichwein

Auch Hilfsorganisationen überlastet

Viele Hilfsorganisationen im Rhein-Kreis sind bereits voll in die bestehenden Flüchtlingsbetreuungen der Städte und Gemeinden eingespannt. So kann der DRK Kreisverband Neuss erst ab 1. Oktober die Betreuung am BBZ Grevenbroich übernehmen. Bis dahin versucht die Kreisverwaltung mit eigenem Personal, Schulsozialarbeitern und gemietetem Leihpersonal die Notunterkunft zu betreiben. Brügge hat deshalb für alle Amtsleitungen und weiteres Personal der Kreisverwaltung Rufbereitschaft angeordnet.

Die Verfügung der Bezirksregierung in dieser Größenordnung einfach an die kreisangehörigen Kommunen durchzureichen, war für Landrat Hans-Jürgen Petrauschke keine Alternative: "Unsere Städte und Gemeinden arbeiten selbst bereits bis zum Anschlag in der Flüchtlingsunterbringung. Wir sitzen alle im gleichen Boot."

Petrauschke wird kommende Woche die Bürgermeister erneut zu einem Krisen- und Koodinierungsgespräch ins Kreishaus einladen. Mit Hochdruck arbeiten Kreis und Kommunen angesichts zu erwartender, weiterer Eil-Verfügungen des Landes daran, weitere Quartiere für die Flüchtlingsunterbringung zu finden. Auch ein Ziel: die bisher belegten Turnhallen möglichst schnell wieder frei zu bekommen. Bis Februar sollen laut Bezirksregierung Düsseldorf die bestehenden Notunterkünfte vorgehalten werden. Doch niemand weiß genau, was die nächsten Tage und Wochen noch bringen werden.

Bürgertelefon

Die Kreisverwaltung richtet ab Montag ein Bürgertelefon unter der Rufnummer 02181/601-1000 von montags bis donnerstags, 7 bis 18 Uhr, und freitags bis 15.30 Uhr ein. Von Kleidungs- und Sachspenden bittet die Kreisverwaltung zunächst abzusehen, da man bedarfsgerecht auf die vollen Lager der Hilfsorganisationen zurückgreifen möchte.

(lsa)
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