Rhein-Kreis Neuss Kreis: Distanz zur Metropolregion wächst

Rhein-Kreis Neuss · Verein Metropolregion soll das Rheinland als Wirtschaftsraum im internationalen Wettbewerb stärken. Die anfängliche Begeisterung ist erlahmt. Der Kreistag "begrüßt" zwar die Gründungsidee, setzt seinen Beitrittbeschluss aber erneut.

Die Vorbereitung zur Gründung der "Metropolregion Rheinland e. V." droht, zur unendlichen Geschichte zu werden. Gestern vertage der Kreistag erneut den formellen Beitrittsbeschluss. Die Entscheidung, ob sich der Rhein-Kreis in die Reihe der Gründungsmitglieder begibt, soll nun in der nächsten Sitzung des Kreisausschusses fallen, wenn die finale Fassung der Vereinssatzung vorliegt und sie ebenso wie die "Rahmenbedingungen für den Kreis akzeptabel sind". Gestern konnte sich der Kreistag nur dazu durchringen, dass er den "Beitritt grundsätzlich begrüßt" - und das einstimmig.

Die offenbar weit verbreitete Skepsis gegenüber der neuen Initiative fasste Landrat Hans-Jürgen Petrauschke so zusammen: "Meine Euphorie hat abgenommen." Und der Chef im Kreishaus schob die Fragen nach: "Welche Aufgaben soll die Metropolregion letztlich übernehmen? Wird sie auch für Planungen zuständig sein?" Er empfahl jedenfalls, sich nicht nach dem Motto "Egal, wir müssen erst einmal anfangen" unter Druck setzen zu lassen: "Ich werde jedenfalls nicht zustimmen, wenn ich Geburtsfehler erkenne und diese nicht im Vorfeld behoben werden."

Zu den Geburtsfehlern der Metropolregion zählt der Neusser Landrat die angestrebte Doppelmitgliedschaft der Stadt Duisburg und des Kreises Wesel. Beide Kommunen gehören bereits der Metropolregion Ruhr an. Nach Vorstellung Petrauschkes - und der breiten Mehrheit im Kreistag - sollen Duisburg und Wesel im neuen Verein zunächst nur einen Gaststatus erhalten: "Mit dem rechtskräftigen Beschluss zum Austritt aus der Metropolregion Ruhr werden sie Mitglied im Verein." Nur die SPD-Fraktion, begleitet von vier weiteren Enthaltungen, stimmte geschlossen gegen diese Positionierung. Doch auch die SPD stellte sich nicht vorbehaltlos hinter die vorliegenden Satzungsvarianten. Ihr Vorsitzender Rainer Thiel fragte sich, wie die Rhein-Kreis-Vertreter in den Gremien der Metropolregion zu einer abgestimmten Meinung finden sollen. Grund: Jedes Mitglied - zum Beispiel der Rhein-Kreis - hat sechs Sitze, aber nur eine Stimme. In diesem Punkt sprang ihm CDU-Chef Dieter Welsink bei: "Wie soll die Willensbildung funktionieren?" Das Ziel, das mit der Metropol-Gründung angestrebt werde, sei "gut und richtig", er bezweifele aber, ob der Weg dorthin auch wirklich zielführend sei.

Zweifel am Vertragswerk äußerten gestern im Kreistag nahezu alle Redner quer durch die Fraktionen. Landrat Petrauschke stellte die "Arbeitsfähigkeit" des Vereins in Frage, Carsten Thiel (UWG/Die Aktive) vermisst die klar geregelte demokratische Mitwirkung der Politik, Kirstin Eickler (Die Linke) sieht die Arbeitgeber über die Industrie- und Handelskammern im Verein Metropolregion (zu) stark vertreten, vermisst aber ein Gegengewicht durch die Arbeitnehmer. Hans Christian Markert (Bündnis 90/Die Grünen) wünscht sich, dass auch zivile Organisationen anschließend können, die unabhängig und nicht staatlich gebunden sind. Am Ende stand die ganz große Koalition der Skeptiker.

Seit rund zehn Jahren wird die Idee einer Metropolregion Rheinland diskutiert, deren Gründung vorbereitet. Hinter der Initiative stehen vor allem die rheinischen Industrie- und Handelskammern. Einer, der nicht müde wird, für die Metropolgründung zu werben, ist Jürgen Steinmetz, Hauptgeschäftsführer der IHK Mittlerer Niederrhein. "Nach Null-Wachstum im Vorjahr", sagte Steinmetz vor wenigen Wochen, "brauchen wir nun Verbesserungen beim Wachstum." Dabei könnte Metropolregion helfen, weil sie Kräfte bündele: "Jetzt wird gegründet. Mit einer kleinen Organisation und einer kleinen Struktur." Nur: Das Budget ist mit 800.000 Euro in der Tat klein; der Rhein-Kreis müsste jährlich 20.000 Euro zahlen. Groß ist aber Mitgliederversammlung: Sie hat 210 Sitze!

(-lue)
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