Rhein-Kreis Neuss Die Vernetzung der Wirtschaft

Rhein-Kreis Neuss · Die Digitalisierung der Produktion erreicht mit Wucht den Mittelstand. Unternehmen im Rhein-Kreis müssen sich darauf einstellen.

 Monique Abeels-Koch hat in ihrem Neusser Unternehmen Beko ein IT-System etabliert, in dem die Maschinen untereinander kommunizieren und ohne menschliches Eingreifen aufeinander reagieren.

Monique Abeels-Koch hat in ihrem Neusser Unternehmen Beko ein IT-System etabliert, in dem die Maschinen untereinander kommunizieren und ohne menschliches Eingreifen aufeinander reagieren.

Foto: Andreas Woitschütze

Die Digitalisierung der Produktion, die Vernetzung von Maschinen - das beschäftigt auch immer mehr Unternehmen im Rhein-Kreis. Gerade Mittelständler sollten jetzt die Weichen für eine digitale Zukunft stellen; so lautet das Fazit eines Wirtschaftsforums, zu dem die Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Rhein-Kreises jetzt gemeinsam mit dem Verein "Region Köln-Bonn" einlud. Rund 150 Firmenvertreter informierten sich im Forum auf Schloss Dyck. "Unser Ziel ist es, Unternehmen auf die fortschreitenden Entwicklungen aufmerksam zu machen und zu erklären, wie der Mittelstand von ihnen profitieren kann", sagt Wirtschaftsförderer Benjamin Josephs.

Im Mittelpunkt des Wirtschaftsforums standen die Fachleute Tim Cole und Jürgen Bischoff, die unter anderem die Bundesregierungzur Digitalisierung der Wirtschaft beraten. "Vernetzung von Menschen, Maschinen und anderen Objekten hat etwas mit Veränderung zu tun", erklärte Tim Cole in seinem Vortrag. Der Markt verändere sich laufend, der Trend gehe verstärkt in Richtung Internet.

Als Beispiel nannte er den Bertelsmann-Konzern, der im vergangenen Jahr die Enzyklopädie "Brockhaus" aufgab. "Wikipedia funktioniert als digitales Nachschlagewerk heute deutlich besser", sagte Cole, der auch einige bedrohte Arbeitsplätze wie Bücherhändler oder Flugbegleiter nannte. Dabei bezog er sich auf eine aktuelle Statistik. Auf Platz eins stünden ihm zufolge Briefträger. "In Kanada gibt es gar keine Briefträger mehr. Dort kommunizieren die meisten Menschen ausschließlich per E-Mail. Wer Briefpost erhält, muss sie an einer Poststation abholen." Damit sprach er einen Punkt an, der auch viele Mittelständler im Rhein-Kreis beschäftigt: der Wegfall von Arbeitsplätzen. Viele Unternehmer betonten, dass sie großen Wert darauf legen, Arbeitsplätze trotz fortschreitender Digitalisierung zu erhalten.

Trotzdem: Unternehmen müssten sich laut Tim Cole auf Veränderungen, auf Vernetzung einstellen. "Daten sind das Erdöl des 21. Jahrhunderts", erzählte Cole, der von einer vierten industrieellen Revolution sprach. Weite Teile des Mittelstands seien für diese Revolution aber noch nicht bereit. "Die meisten Unternehmen sind bereit, ihre Produktivität durch Digitalisierung zu steigern. Gut die Hälfte aller Unternehmen wollen durch die Digitalisierung Kundenwünschen gerechter werden. Aber nur gut ein Viertel aller Unternehmen reagiert tatsächlich", erklärte der Fachmann, der nicht allen Mittelständlern des Wirtschaftsforums damit etwas Neues erzählte.

Monique Abeels-Koch, Geschäftsführerin der Neusser Firma Beko Technologies, sagt: "Wichtig ist, dass ein einheitliches IT-System entwickelt wird, über das auch Maschinen unternehmensübergreifend miteinander kommunzieren können." In ihrem Unternehmen, das sich insbesondere auf Druckluftaufbereitung für andere produzierende Firmen spezialisiert hat, kommunizierten die Maschinen bereits seit einiger Zeit miteinander.

Daten werden in der Produktion voll automatisch erfasst, so dass die Maschinen ohne menschliches Eingreifen aufeinander reagieren und eventuelle Qualitätsabweichungen sofort korrigieren können. "Grundsätzlich halte ich es für eine wichtige Sache, gerade den Mittelstand auch über die Chancen zu informieren, die die Digitalisierung bietet", sagt Monique Abeels-Koch.

Laut Referent Jürgen Bischoff sind vor allem Ideen gefragt. Als Beispiel nannte er beim Wirtschaftsforum eine Dusche, die komplett digital gesteuert wird. "Dinge wie diese werden künftig das klassische Geschäft vieler Unternehmen beeinflussen. Auch das der Mittelständler", betont er. Denn zum Bau einer Dusche reichten bald nicht mehr nur Handwerker und Monteure. Auch Informatiker, Programmierer, Entwickler würden verstärkt daran beteiligt werden. Als Revolution will Jürgen Bischoff den Trend zum Digitalen nicht bezeichnen: "Das ist eine ganz normale Entwicklung, der wir uns stellen müssen." Bischoff betonte, dass im Mittelstand viel Potenzial steckt: "Kurze Entscheidungswege, Kundenorientierung oder Geschwindigkeit sind nur einige Vorteile des Mittelstands."

(NGZ)
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