Remscheid Wie Freundschaft einen Mord überlebt

Remscheid · Hamburger Kammerspiele brachten "Unsere Frauen" auf die Bühne. Nicht nur Mathieu Carrière überzeugte.

 Freundschaft in der Zerreißprobe: Max (Mathieu Carrière, oben) und Simon (Ulrich Bähnk) versuchen verzweifelt, einen Ausweg zu finden.

Freundschaft in der Zerreißprobe: Max (Mathieu Carrière, oben) und Simon (Ulrich Bähnk) versuchen verzweifelt, einen Ausweg zu finden.

Foto: Teo Otto Theater

Es war ein Kammerspiel im wahrsten Wortsinn, das die rund 200 Theaterfreunde im Teo-Otto-Theater erlebten. "Unsere Frauen" des französischen Dramatikers, Regisseurs und Drehbuchautors Éric Assous wurde von den Hamburger Kammerspielen in deutscher Erstaufführung auch in Remscheid gezeigt. Die tragikomische Parabel über die Zerstörung und Wiederauferstehung einer Freundschaft dreier Männer im besten Alter war mit den Cousins Mathieu und Justus Carrière sowie Ulrich Bähnk brillant besetzt. Die drei warfen sich verbal die Bälle lustvoll zu, ergänzten sich perfekt und vor allem die beiden Carrières lieferten sich brillante Wortgefechte.

Die Geschichte beginnt banal: Es sollte ein gemütlicher Pokerabend dreier Mittfünziger werden. Einer, Simon (Bähnk), verspätet sich, was Max (Justus Carrière) stört, Paul (Mathieu Carrière) jedoch kalt lässt. Dann aber platzt die Bombe: Simon kommt aufgelöst in die - übrigens sehr geschmackvoll gestaltete Wohnzimmerbühne - gestürmt: "Ich habe meine Frau umgebracht, ich habe sie erwürgt, ihr den Hals umgedreht!" Entsetzen bei den Freunden, was tun? Die Polizei zu rufen, scheint naheliegend. Aber damit den Freund verraten und ausliefern? Ein Ding der Unmöglichkeit, oder?

Wegen einer Überdosis des Medikaments Xanax sackt Simon in sich zusammen, nachdem er die Tat in allen Einzelheiten erzählt hat. Es wird Nacht. Paul und Max diskutieren weiter - Max ist strikt dagegen, Simon ein Alibi zu geben, wohingegen Paul, gekonnt von Matthieu Carrière dargestellt, sich als unbeständiger Wendehals erweist.

Max schält nach und nach die Zwiebelhaut vom gemeinsamen Freund Simon. Zum Vorschein kommt ein berechnender Manipulator. Aber auch zwischen Ratio (Max) und Emotio (Paul) kippt die Stimmung. Aus Freundschaft wird Hass. Max formuliert es drastisch: "Du kotzt mich an, du gottverdammtes Arschloch." Der Vorhang fällt: Pause.

Katharsis, Neubeginn. Zweiter Teil. Die Rollen haben sich etwas vertauscht. Nach Pauls Ausbruch wirkt er souveräner, erstmals hört man das auch an der bekannten schneidend-sonoren Stimme Mathieu Carrières. Max ist kleinlauter. Simon immer noch ohnmächtig. Sie einigen sich, die Polizei nun doch zu rufen, was aber an der Sprachlosigkeit der beiden angesichts des Freundesverrats am Telefon scheitert. Da fällt auch der Schlüsselsatz: "Wir werden ihn nicht verraten", sagt Max. Es wird späte Nacht, es wird Morgen, zweiter Tag. Missverständnisse klären sich, Simon wird sich der Polizei stellen.

Am Ende sitzen drei Freunde auf dem Boden der Wohnung und spielen Poker. Die Freundschaft hat überlebt. Eine Botschaft, die Hoffnung macht. Der Applaus war lang und ausdauernd - für eine herausragende Leistung auf und hinter der Bühne.

(RP)
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