Remscheid Wettbieten für ein paar Wundertüten

Remscheid · Bei der Versteigerung von Fundsachen gibt Jürgen Folle vom Ordnungsamt auch immer ein paar Überraschungen in die Verlosung. Zum Beispiel Unisex-Schlüpfer in Übergröße. Bei Spielekonsolen steigen die Gebote schnell in die Höhe.

Remscheid: Wettbieten für ein paar Wundertüten
Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Jürgen Folle hält einen alten blauen Turnbeutel vor sich in die Höhe. Der sieht etwas abgetragen aus, ist aber prall gefüllt. Was drin ist, weiß niemand im Raum. Weder Folle, noch die rund 200 Gäste, die zur Fundsachenversteigerung von Stadt und Stadtwerken in die Aula der GHS Wilhelmstraße gekommen sind. "Wer bietet einen Euro?", fragt der stellvertretende Leiter des Ordnungsamtes. "Na kommt schon Leute, seid ihr nicht neugierig?"

Die Begeisterung im Publikum hält sich in Grenzen. Nur zögerlich gibt eine dunkelhaarige Frau in der zweiten Reihe ein Handzeichen. "Ahh, das ist das erste Gebot", ruft Folle und klingt dabei beinahe erleichtert. "Ein Euro ist geboten. Noch jemand? Nein? Dann einen Euro zum Ersten, zum Zweiten, zum Dritten - Verkauft! Der Beutel geht an die junge Dame in Reihe zwei."

Die Fundsachenversteigerung gehört zum Pflichtprogramm für die Kommune. Was länger als sechs Monate in den Fundbüros von Stadt und Verkehrsbetrieben herumliegt, darf nach Paragraf 979 des Bürgerlichen Gesetzbuches öffentlich versteigert werden. Wie diese Versteigerung zu erfolgen hat, darf die Kommune selbst bestimmen. In Remscheid gibt es die jährliche Auktion in der GHS Wilhelmstraße, andere Kommunen veräußern die Fundsachen im Internet.

Als nächstes will Folle ein Bündel Regenschirme an den Mann bringen. "Die gibt es gleich im Zehnerpack", erklärt er dem Publikum. "Einzeln will die ja niemand haben. Also, wer bietet?". Hier ist die Nachfrage deutlich größer. Überall im Saal gehen Hände nach oben. Am Ende läuft es auf ein Wettbieten zwischen Ingrid Wiesenbuck und Sercan Özbek hinaus. Den Zuschlag bekommt Wiesenbuck. "Für die Familie", raunt sie ihrer Sitznachbarin zu. "Ich verteile die gerne." Özbek war der Preis zu hoch. "Da kommen noch andere", sagt er. "Ich habe einen Laden. Ich will daran noch verdienen."

Gezahlt wird in bar. Die Einnahmen aus den Verkäufen fließen in die Stadtkasse. Für gewöhnlich kommen so mehr als 3000 Euro zusammen. Neben vergessenen Sporttaschen und Regenschirmen werden vor allem Fahrräder und Elektrogeräte versteigert. Viele Musikplayer, Handys und Spielekonsolen kommen bei Auktion unter dem Hammer.

Mitunter machen die Mitarbeiter von Stadt und Stadtwerken aber auch skurrile Funde. So wurde im vergangenen Jahr eine komplette Palette Elektrozahnbürsten versteigert. In diesem Jahr seltsam: Eine "gemischte Tüte" ungetragener Kleidung. Inhalt: unter anderem ein glitzerndes Einhorn-Kleidchen, eine Handtasche und Unisex-Schlüpfer in Übergröße. Erlös: immerhin 20 Euro.

Als Folle die Nintendo-Handheld-Spielekonsole "3DS" in die Hand nimmt, geht ein Raunen durch das Publikum. "Für solche Sachen sind wir hergekommen", sagt Semiha Üleyen und stupst ihren Mann an. "Sowas wollte der Tarik haben". Als Folle ansetzt, schnellt die Hand der Mutter in die Luft. "50 Euro", ruft sie und erntet für das hohe Gebot böse Blicke von allen Seiten. Stille senkt sich über den Raum.

Folle runzelt mit der Stirn. Er lächelt. "50 Euro sind geboten. Noch jemand? Nein? Dann 50 Euro zum Ersten, zum Zweiten, zum Dritten - verkauft."

Der Nintendo geht an die junge Dame in Reihe zwei.

(th)
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