Remscheid Verzällchen und Amourellchen begeistern

Remscheid · "Karneval einmal klassisch" weckt besinnlich-heitere Atmosphäre in der Lenneper Klosterkirche.

 Der Kölner Burkard Sondermeier und sein Ensemble verzückten das Publikum mit Virtuosität und Kreativität.

Der Kölner Burkard Sondermeier und sein Ensemble verzückten das Publikum mit Virtuosität und Kreativität.

Foto: nico hertgen

Das Sammelsurium der Instrumente auf der vollgestellten Bühne hält sich mit der Anzahl der Besucher in der Klosterkirche beinahe die Waage. Unter "Karneval einmal klassisch" Opus 14 können sich zunächst die Leute wenig vorstellen. "Ich bin gespannt, was kommt", ist die Meinung aller Befragten. Sie spiegelt sich in den Kostümen wieder: Von nix (also Zivil) bis Pappnase über lustigen Frack reichen die Geschmäcker. Sie alle werden überrascht.

Was der Kölner Burkard Sondermeier - nach eigenen Worten Sprecher, Sänger, Liedermacher, Autor, "Baas" (Regisseur?), Ratschist und "La Fumm" (Paukenschläger?) - zusammen mit seinem Ensemble "Ensemble Camarata Carnaval 2016" (etwa: "Kammermusikalische Karnevalisten des Jahres 2016") präsentiert, verwundert, wird bestaunt, amüsiert, zaubert Schmunzeln, verlockt zu Heiterkeit und frohsinnigem Kopfschütteln: "Unglaublich kreativ", scheint über die Köpfe der Gäste zu kreisen.

Diese "Karnevalsveranstaltung" ist ein kammermusikalischer Hammerschlag auf alle platten Pappnasen. Gegen Sondermeiers streichelsanfte "Verzällche" (Erzählungen) verblasst jede noch so brüllende mit Tusch und Trara geschwängerte Büttenrede. Die Virtuosität des Ensembles zeigt wahre Meisterschaft in Kunst und Kreativität: Ekatarina Ryszowa (Flöte, Picollo, Trittangel), Johann Peter Taferner (Bassklarinette, Klarinette, Standpäukchen), Kristof Dömötör (Bassklarinette, Altsaxofon), Igor Kirillov (Klavier, Xylofon, Orgel) und Michael Peschko (Dreh-Orgel, Produzent). Burkard Sondermeier besinnt sich - so steht's im Programmheft - auf die jahrhundertealte Tradition des Narren zur Fastnacht, "den Mächtigen und der Welt den Spiegel vorzuhalten, damit sie ihre Dummheit und Verblendung erkennen."

Kann man menschliche Unvollkommenheit menschlicher beschreiben als die Antwort des kleinen kölschen Jungen auf die Frage nach seiner Herkunft: "Isch bin de Tant' sin Mallörsche"? Dann folgt "Wer hätt dat vun der Tant gedaach" von Will Ostermann, als er noch die Welt des Kleinbürgers "op die Schüpp jenumme hätt". Die trotz unbewegter Miene der Musiker mit Augenzwinkern gespielte Musik streicht durch die Jahrhunderte von Offenbach bis Ostermann.

Sondermeier ist auch dabei. Zweieinhalb amüsante Stunden begleitet das Ensemble "Couplets, Chansons, Amourellchen, Quereelchen, Verzällchen und Anekdötchen." Alles zur herzlichen Freude des Publikums, das am Ende ganz aus dem Häuschen ist.

Die besinnlich-heitere Atmosphäre dieses Abends kommt nicht von außen - sie wurde im Inneren geweckt. Und zwar mit "Hätz". Und dass es tatsächlich Karneval ist, zeigt: "Am Aschermittwoch ist alles vorbei".

(RP)
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