Roland Wagner Verständnis für den Sparkurs lässt nach

Remscheid · Der Personalchef spricht über die Umsetzung des vom Rat beschlossenen Stellenabbaus in der Stadtverwaltung.

 Roland Wagner beim Interview in der Morgenpost-Redaktion.

Roland Wagner beim Interview in der Morgenpost-Redaktion.

Foto: Peter Meuter

Herr Wagner, wie kamen Sie eigentlich zur Stadtverwaltung? War dieser Berufswunsch schon zur Schulzeit klar?

Roland Wagner Nein. Ich bin über Umwege im Rathaus gelandet. Ich habe 1976 mein Abitur in Lennep am Röntgen-Gymnasium gemacht, bin dann zur Bundeswehr gekommen und wollte danach studieren. Ich habe ein BWL-Studium in Köln angefangen, hatte keinen Schimmer, was mich da erwartet. Die Kommilitonen hatten eine Banklehre oder eine andere Ausbildung. Ich kam direkt von der Schule und habe mich schwergetan. Irgendwann hat mein Vater mir dann eine Anzeige gezeigt, mit der die Stadt Bewerber für den gehobenen Dienst suchte. Nach meiner Ausbildung mit Studium habe ich dann 1984 im Personalamt angefangen.

Sie sind also ein echtes Eigengewächs des Personalamtes?

Wagner So kann man das sagen.

Ist die Stadtverwaltung heute für junge Menschen noch ein attraktiver Arbeitgeber?

Wagner Die Attraktivität ist noch da. Wenn man wie andere Unternehmen das Geld hätte, um Hochglanzbroschüren zu erstellen, könnte man die Vielseitigkeit der Verwaltung gut herausstellen. Die Bürger verbinden mit der Stadtverwaltung, dass sie hier ihren Pass verlängern, den Führerschein abholen oder im Standesamt getraut werden können. Wenn man aber nur allein an die Arbeiten im Gesundheitsamt, in der Kämmerei oder beim Stadtmarketing denkt, dann haben wir einen attraktiven Bauchladen

Bewerben sich die jungen Menschen denn gezielt auf eine spezielle Ausbildungsstelle?

Wagner Teilweise schon. Unser Ausbildungsleiter Thomas Riedl berichtet mir aber auch, dass es oft die Eltern sind, die ihre Kinder bei den Ausbildungsmessen zu unserem Stand bringen. Da entdecken sie dann, welche Möglichkeiten es bei der Stadtverwaltung gibt. Die Sicherheit einer Anstellung bei der Stadt spielt da oft auch eine entscheidende Rolle. Insgesamt geht die Zahl der Bewerber etwas zurück und auch die Qualität. Das ist aber, so glaube ich, ein allgemeines Phänomen.

Gibt es auch Engpässe beim Nachwuchs?

Wagner Ja, im technischen Bereich und im Bereich der IT etwa. Da versuchen wir, über Kooperationen mit Hochschulen duale Studiengänge einzuführen.

Sie sagten gerade, die Stadt hat kein Geld für Hochglanzbroschüren. Wie erfahren die jungen Leute von ihren Karrierechancen bei der Stadtverwaltung?

Wagner Wir haben gerade von sieben Studenten an der Fachhochschule eine Projektarbeit dazu erstellen lassen, wie man das Ausbildungsmarketing modernisieren kann - auch mit wenig Geld. Die Vorschläge reichen vom Bekleben der städtischen Autos über Radiospots bis zum Anhang an E-Mails, in denen für die Ausbildung bei der Stadt geworben wird. Ein Ergebnis des Projektes ist auch, dass Facebook bei dieser jungen Zielgruppe nicht mehr so gefragt ist und Instagram der bessere Kanal wäre.

Verfluchen Sie eigentlich den Tag, als der Rat den Abbau von 260 Stellen als Teil des Sparpakets beschlossen hat? Das hat Ihnen das Leben doch sicher schwerer gemacht?

Wagner Das hat es erheblich schwerer gemacht. Als ich 2008 Leiter des Personalamtes und Nachfolger von Frank vom Scheidt wurde, hatte ich mir Ziele für die Personalentwicklung gesetzt, unter anderem die Weiterentwicklung etwa der Kooperation mit Vaillant. Das war mit einem Schlag alles vorbei. Auf einmal ging es fast nur noch um den Abbau dieser 261 Stellen. Meine Leitungsfunktion auf dieser Stelle wurde seitdem fast ausschließlich mit diesem Thema in Verbindung gebracht. Damit macht man sich in der Verwaltung keine Freunde.

Inwiefern?

Wagner Nicht alle Bereiche im Haus gehen mit dem Thema gleich um. Ich muss dann oft den Finger in die Wunde legen und an die Vorgaben erinnern. Das ist eine schwierige Situation für die Verwaltung.

Der Ratsbeschluss besagt, dass 30 Prozent der 371 Stellen, die aus Altersgründen wegfallen können, wieder besetzt werden dürfen. Wer sucht diese Stellen aus?

Wagner Sie müssen zunächst bedenken, dass die Stellen bei der Feuerwehr und in den Kitas aus diesem System schon mal rausfallen, weil sie wieder besetzt werden müssen. Sie sind unverzichtbar. Also verbleiben zehn Prozent, über die wir entscheiden können. Das haben wir zusammen mit dem Verwaltungsvorstand für den Zeitraum von zwei mal fünf Jahren gemacht und der Rat hat es beschlossen. Das bleibt am Anfang unwidersprochen, weil jeder denkt, fünf Jahre, zehn Jahre, das ist ja noch lange hin. Wenn die Stelle dann tatsächlich wegfällt, ist das Hauen und Stechen groß. Dann muss man eine Form von Härte zeigen. Ich sehe mich da in der Verantwortung. Das Personalamt wiederum kommt dann in die Kritik, obwohl wir das Paket nicht beschlossen haben. Was geht, sind personelle Umschichtungen, dann fällt die Stelle in einem anderen Bereich weg. Aber auch das wird immer schwieriger.

Der Beschluss zum Stellenabbau ist schon ein paar Jahre alt, die Umstände in Remscheid haben sich inzwischen durch neue Gesetze und die Flüchtlingswelle geändert. Weicht die Haltung zum strengen Personalkurs auf?

Wagner Diese Tendenz kann man erkennen. Ein wenig erinnert das an die Agenda 2010 von Gerhard Schröder. Man ist geneigt zu sagen, wir können nicht alles weiter so durchziehen und müssen an der einen oder anderen Stelle nachjustieren. Gleichzeitig war ich damals bei der Bezirksregierung in Düsseldorf und habe auf Nachfrage erklärt, dass wir den Personalabbau hinbekommen. Da gab es große Skepsis, denn das Personalpaket war das zentrale Thema bei der Genehmigung des Haushaltssanierungsplans (HSP).

Das gilt doch auch weiterhin?

Wagner Ja, aber das Verständnis dafür lässt etwas nach. Ich erinnere daran, dass wir uns vor der Genehmigung des HSP jede Einstellung in Düsseldorf genehmigen lassen mussten. In einem Jahr durften wir sogar nicht ausbilden, es gab auch einen Beförderungsstopp. All das ist uns jetzt wieder möglich. Das ist in Vergessenheit geraten. Ein Teil der heutigen Verwaltungsspitze war damals noch gar nicht in Remscheid. Ich habe mir damals mit Herrn Mast-Weisz (Anmerkung der Redaktion: Der jetzige OB war damals noch Sozialdezernent) intensive Diskussionen geliefert, weil die damalige Oberbürgermeisterin Beate Wilding das Paket schnell durchziehen wollte.

Ihr Nachfolger ist mit Jörg Biermann, dem Leiter des Schulverwaltungsamtes, schon benannt.

Wagner Genau, ich arbeite ihn gerade ein. Ich freue mich, dass er mein Nachfolger wird. Ich habe ihn selbst ebenfalls im Auge gehabt. Er bringt alle Voraussetzungen mit.

Im September hören Sie nach fast 36 Jahren bei der Stadtverwaltung auf. Sieht man Sie dann noch häufiger im Rathaus?

Wagner Ich werde einen klaren Schnitt machen, die Dinge von Lennep aus aus der Distanz verfolgen. Ein Kollege vermutet, dass ich künftig von der Tribüne aus die Ratssitzungen verfolgen werde. Da liegt er allerdings falsch.

HENNING RÖSER FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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