Remscheid Umsteiger lernen in der Bus-Fahrschule

Remscheid · Auf dem Betriebsgelände der Stadtwerke bereitet Fahrlehrer Daniel von Seelen angehende Busfahrer auf die Fahrprüfung und ihren neuen Job vor. Die BM ist mitgefahren.

 Claudia van den Sand steuert den 299 PS starken Fahrschulbus über den Betriebshof der Stadtwerke an der Neuenkamper Straße. Fahrlehrer Daniel von Seelen (links) und Fahrschüler Sandy Mendoza schauen genau zu.

Claudia van den Sand steuert den 299 PS starken Fahrschulbus über den Betriebshof der Stadtwerke an der Neuenkamper Straße. Fahrlehrer Daniel von Seelen (links) und Fahrschüler Sandy Mendoza schauen genau zu.

Foto: Jürgen Moll

Das Hindernis ist relativ weich und lässt sich mit etwas Muskelkraft verschieben. Per Handzeichen gibt Bernd Maurer vom Fahrersitz seinen zwei Helfern Claudia van de Sand und Sandy Mendoza Anweisungen, wie sie die beiden blauen Plastiktonnen auf der Fahrbahn vor ihm positionieren sollen.

 Durchfahrt durch das Tonnentor. Hier ist Präzision gefragt, sonst kann es heikel werden.

Durchfahrt durch das Tonnentor. Hier ist Präzision gefragt, sonst kann es heikel werden.

Foto: Moll Jürgen

Sein Augenmaß ist entscheidend. Als die Tonnen nach seiner Vorgabe aufgestellt sind, fährt er los und steuert einen Linienbus der Remscheider Stadtwerke durch die verbliebene Öffnung. Das Fahrzeug passt durch.

Daniel von Seelen ist dennoch nicht ganz zufrieden. Der Leiter der Fahrschule der Remscheider Stadtwerke hat im Mittelgang des Busses auf seinem Stuhl das Manöver verfolgt. Er lässt den Bus anhalten. Vor dem Fahrzeug weist er die Dreiergruppe auf den typischen Anfänger-Fehler hin. Der Bus steht auf der Fahrerseite nah am Hindernis. Das ist gut. Von seiner erhöhten Sitzposition hatte Bernd Maurer hier gute Sicht. Das Problem ist die andere Seite. Rechts ist der Abstand zu groß. In der Fahrprüfung würde das der Prüfer monieren. Schlimmer noch: Wären die Tonnen die geparkten Autos, die sie bei diesem Test simulieren sollen, dann hätte der Busfahrer jetzt ein Problem, wenn er zurücksetzen müsste. Der Bus steht schräg im Hindernis und kann dadurch beim Rückwärtsfahren schnell ein Auto touchieren.

Claudia van de Sand, Sandy Mendoza und Bernd Maurer gehören zu der zehnköpfigen Gruppe von angehenden Busfahrern, die die Stadtwerke vor kurzem eingestellt haben. Vorausgegangen war im November ein Bewerbertag mit 150 Teilnehmern. Alle drei sind Quereinsteiger, haben vorher in anderen Berufen gearbeitet.

Claudia van de Sand hat zuletzt für eine Zeitarbeitsfirma gearbeitet. Sie besitzt keinen Lkw-Führerschein, möchte einen beruflichen Neustart. Sandy Mendoza hat den Lkw-Führerschein, hat auch schon als Berufskraftfahrer in einer Spedition gearbeitet. Ihn reizt die Verantwortung, täglich Menschen sicher von A nach B zu transportieren.

Daniel von Seelen soll aus dieser Gruppe Busfahrer machen. "Der Markt ist leer gefegt", sagt er. Darum hätten sich die Stadtwerke entschlossen, mit der Umsteiger-Klasse einen neuen Weg zu gehen. Andere Verkehrsbetriebe beobachten das Projekt mit großem Interesse.

Und sind auch ein bisschen neidisch, dass die Stadtwerke noch einen eigenen Fahrlehrer beschäftigen und zudem auf ihrem Firmengelände an der Neuenkamper Straße einen Trainingsparcour inklusive Stoppschild und kleinem Zebrastreifen haben, auf dem die Frischlinge die ersten Schritte machen und sich an die Dimensionen des Fahrzeugs gewöhnen können.

Denn das ist die größte Umstellung für alle Anfänger. Sie steuern den großen Bus wie einen Pkw. "Denk' daran, da hinten kommen noch 20 Meter", sagt von Seelen, als Bernd Meurer die Kurve am Verwaltungsgebäude zu scharf nimmt. Das Heck rollt mit einem schmatzenden Geräusch der Reifen über den flachen Bürgersteig.

In einer kleinen Seitenstraße wartet die nächste Herausforderung: Rückwärtsfahren. Wieder ist Teamwork angesagt: Claudia van de Sand wird ans Heckfenster beordert. Von dort ruft sie Fahrer Bernd Meurer kurze Befehle zu. "Noch ein Stückchen". "Langsamer". "Stopp".

Die Stimmung im Bus ist gut, auch wenn noch Einiges vor den Fahrschülern liegt. Sie müssen nicht nur die anspruchsvolle Fahrprüfung meistern, sondern auch gleich mehrere theoretische Prüfungen, unter anderem bei der IHK. Auch der Fahrplan des VRR muss gebüffelt werden. Wenn Kunden fragen, sollte man wissen, ob die Linie 664 an der Feuerwache hält.

Zwischen dreieinhalb bis sechs Monate wird es dauern, bis die Umsteiger zum Fahrerteam stoßen, sagt von Seelen. In den ersten fünf Wochen sind die Neulinge dann nicht alleine auf der Straße. Ein erfahrener Kollege ist noch mit dabei.

Was die so draufhaben, kann das Umsteiger-Trio auf einer anderen Stelle des Stadtwerkegeländes bewundern. Welche Fliehkräfte in einem Bus entstehen, demonstriert ein erfahrener Kollege einer Gruppe Viertklässler, die zur Busschule erschienen sind. In hohem Tempo legt sich der Bus in die Kurve, fährt mehrfach schnell im Kreis. Das Johlen der Kinder, die sich im Bus festhalten, dringt durch die Scheiben. Bis die Fahrschüler dieses Manöver fahren können, wird es noch ein bisschen dauern.

(hr)
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