Remscheid Typisch bergisch

Remscheid · Einst war die bergische Kottenbutter ein Arme-Leute-Essen, doch hat sie längst Einzug in die gehobene Küche gehalten.

 Marcus Weber und Sarah Felderhoff von der Fleischerei Nolzen präsentieren frisch gemachte Kottenwurst nach eigenem Rezept

Marcus Weber und Sarah Felderhoff von der Fleischerei Nolzen präsentieren frisch gemachte Kottenwurst nach eigenem Rezept

Foto: Jürgen Moll

Keine Frage - die Kottenbutter ist ein durch und durch bergisches Gericht. Marcus Weber, Inhaber der Fleischerei Nolzen in Remscheid-Lüttringhausen, betreibt neben dem Stammhaus eine weitere Filiale im Naturgut in der Remscheider City und überdies Verkaufsstellen in Hilden und Gevelsberg. Jeden Tag produziert er die Kottenwurst frisch. "In Remscheid wird sie im Vergleich zu den anderen Standorten ganz klar am meisten nachgefragt", erzählt der Metzger.

Die lokale Spezialität wird aus Schweinefleisch hergestellt. Bauch, Schulter und Schinken werden gemischt, in Naturdarm gefüllt und über Buchenholz geräuchert. Welche Gewürze kommen hinzu? "Salz, Pfeffer und Muskat - aber mehr verrate ich nicht", sagt Marcus Weber scherzend. In Anlehnung an das Original habe jeder Hersteller ein bisschen sein eigenes Rezept. "In Remscheid, Solingen und Wuppertal wird aber jeder Metzger wissen, wie's geht."

In der Nacht wird bei Nolzen frisch geräuchert, damit die Mettwurst ihre Fans an jedem Tag frisch erreicht. Marcus Weber weiß aber, dass es Kunden gibt, die die Wurst ein paar Tage liegen lassen. "Wenn sie trocken ist, wird sie etwas fester." Und das mögen manche Gourmets eben lieber. Haltbar sei die Kottenwurst alleine durch das Räuchern und den Salzgehalt ohnehin sogar bis zu zwei Wochen. Will man die herzhafte Speise möglichst original genießen, wird ein Schwarzbrot - am besten grobkörnig und dunkel - mit Butter bestrichen, dann mit der in Scheiben geschnittenen Wurst und mit Zwiebeln - klein gehackt oder in Ringen - belegt. Dann kommt noch Senf dazu, und die Bergische Kottenbutter ist perfekt.

"Zu Kottenschleiferzeiten war das ein Arme-Leute-Essen", hat Weber erfahren. Weil sich die Schleifer an den Schleifkotten keine teure Mahlzeit leisten konnten, lieferte die Kottenbutter die notwendige Energie für die körperlich schwere Arbeit. Dabei wurde zu Hause eine regelrechte Stulle mit zwei aufeinander geklappten Brotschnitten geschmiert und in der Brotdose oder im Papier mit zur Arbeit an Wupper oder Morsbach genommen. So war die nach bergischer Mundart bezeichnete "Kotten-Botter" eine preiswerte Mahlzeit, die dennoch satt machte.

Heute hat die Speise sogar in der gehobenen Küche Einzug gehalten. "Ein paar Jahre war es ruhig um die Kottenbutter, mittlerweile wird sie gerne als Fingerfood gereicht", erklärt Marcus Weber. Überhaupt gewinne die klassische, gut bürgerliche Küche wieder mehr an Bedeutung. Zu bestimmten Anlässen sei der im Bergischen Land verhaftete Snack gelebte Tradition. "Denken Sie an das Kottenbutter-Essen des Lüttringhauser Heimatbunds. Das ist schon eine echte Hausnummer in Remscheid", spielt Weber auf den Neujahrsempfang an, zu dem der größte Bürgerverein Remscheids seit Jahrzehnten seine Gäste zum Gedankenaustausch einlädt und dabei die Kottenbutter und ein kühles Bier serviert. Deftig wie die Speise ist dann häufig auch die Diskussion an den langen Tischreihen. Als im Jahr 2008 das 100-jährige Jubiläum des Lüttringhauser Rathauses mit einem großen Bürgerfest gefeiert wurde, brachen Weber und sein Team alle Rekorde. Dem Anlass entsprechend wurde eine 100 Meter lange Kottenwurst hergestellt und vor dem denkmalgeschützten Bau für einen guten Zweck verkauft. Binnen kürzester Zeit war die Jubiläums-Wurst restlos ausverkauft.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort