Remscheid Trio zaubert virtuose Quantensprünge

Remscheid · Das Tobias Hoffmann Trio fesselte das Publikum in der Klosterkirche mit ausgefeiltem Können und Musikalität.

 Hoffmann balancierte eine "Fender Jaguar" auf den Knien - ein Modell, das in den 60ern seine Blütezeit erlebt hatte. Frank Schönhofer sorgte am Bass für die nötige Fülle im Sound, nicht im Bild Etienne Nillesen am Schlagzeug.

Hoffmann balancierte eine "Fender Jaguar" auf den Knien - ein Modell, das in den 60ern seine Blütezeit erlebt hatte. Frank Schönhofer sorgte am Bass für die nötige Fülle im Sound, nicht im Bild Etienne Nillesen am Schlagzeug.

Foto: Hertgen

Das Tobias Hoffmann Trio spielte im Sitzen. Sitzend zu musizieren fördert Ruhe und Gelassenheit. Und das prägte den Freitagabend, an dem die drei Jazzer Tobias Hoffmann (Gitarre, Banjo), Frank Schönhofer (Bass) und Etienne Nillesen (Schlagzeug) ihr Debüt in der Klosterkirche ablieferten. Tobias Hoffmann ist stolzer Remscheider und gewann einen sehr begehrten deutschen Musikpreis: den Echo Jazz 2015 in der Kategorie Instrumentalist des Jahres Gitarre National. Mehr noch: In diesem Jahr kam der WDR Jazzpreis in der Sparte Improvisation hinzu.

Kein Wunder also, dass in der Klosterkirche viele Musiker unter den Zuhörern die Ohren spitzten. Die Gitarristen unter ihnen trauten ihren Augen kaum. Hoffmann balancierte eine "Fender Jaguar" auf den Knien - ein Modell, das in den 60ern seine Blütezeit erlebt hatte. Diese(r) "Jaguar" ist bekannt für einen glasklaren, hellen Klang. Man hört den Stahl aus den Saiten heraus. Dazu gehört ein Vibratohebel ("Jammerhaken"), um die Töne vibrieren zu lassen. Heraus kommt der typische "Surf"-Sound. Also keine voluminöse, bauchige Jazzgitarre mit einem warmen, abgetönten Klang à la Pat Metheny oder George Benson. "Wir machen es, wie es im Jazz üblich ist - wir nehmen bekannte Stücke und spielen sie auf unsere Art", sagte der ungemein sympathische Hoffmann einleitend.

Im Jazz sind diese "Standards" im so genannten "Real Book" festgehalten - vom Swing bis Bebop. Tobias Hoffmann brachte neue Standards aufs Trapez. "While My Guitar Gently Weeps" von George Harrison zerpflückte er bis zum Gehtnichtmehr, den "Cherry Ball Blues" von Skip James aus dem Jahre 1931 spielte das Trio fast in Zeitlupe - fremd, sehr fremd und doch so schön. Duke Ellingtons Schmusesong "Heaven" katapultieren die drei in den Weltraum und bei "Ask Me Now" von Thelonious Monk griff Hoffmann zum Gitarrenbanjo. Das kreative Sprungbrett hierbei waren die Bluesnoten eines Jimi Hendrix gepaart mit dem unverzerrten, zitternden Vibratosound einer Hoffmannschen Retrogitarre. Die Fülle brachte der unaufdringliche, aber unverzichtbar markante Bass.

In den extrem kontemplativen Stellen hielt Nillesen mit allem, was ihm zur Verfügung stand, das (nur) scheinbar sinkende Schiff über der Wasseroberfläche. Er schnarrte mit einem Paukenschlägel am Trommelrand und fabrizierte dazu arhythmische Rhythmik, in der unvermittelt die Eins seufzend wieder auftauchte. Das Trio war kein Wanderer zwischen musikalischen Welten, sondern begab sich auf Auswanderschaft mittendrin hinein. Wie Alice im Wunderland wundersame Dinge entdeckt, stieg das Trio tief hinab in bislang ungehörte Sphären des Mikrokosmos der Stücke. Es fabrizierte Quantensprünge, die freilich nicht jeder im Publikum nachvollziehen konnte.

(RP)
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