Leichtathletik "Man läuft auch seine Ängste weg"

Remscheid · Nicole E. startet am Sonntag trotz Krebstherapie beim Röntgenlauf.

 Die gebürtige Remscheiderin Nicole E. lässt sich von der Krankheit nicht unterkriegen und macht damit auch vielen Leidensgenossen Mut.

Die gebürtige Remscheiderin Nicole E. lässt sich von der Krankheit nicht unterkriegen und macht damit auch vielen Leidensgenossen Mut.

Foto: Moll

Dieses Comeback ist speziell: Für Nicole E. ist der 15. Röntgenlauf eine Rückkehr zum Wettkampf nach einem Schicksalsschlag. Erst Anfang Juni war bei der 40-jährigen gebürtigen Remscheiderin Brustkrebs diagnostiziert worden. Ende Juni war sie im Bethesda-Krankenhaus in Wuppertal operiert worden. Im August und September folgten insgesamt 34 Bestrahlungen im Helios-Klinikum. Dank einem neuen und herzschonenden Bestrahlungsverfahren - dem sogenannten "Atemgating" - kann sie nun, nur vier Monate nach ihrer OP, beim Röntgenlauf starten.

Über die Fünf-Kilometer-Strecke geht die gelernte Bankkauffrau gemeinsam mit ihrem Freund Andreas H. beim Jedermann-Lauf an den Start. "Sport hilft mir, die Müdigkeit zu überwinden. Außerdem läuft man auch seine Ängste weg", findet Nicole, die über ihren Freund zum Triathlon kam. Beide trainieren beim TSV Aufderhöhe. Beim Röntgenlauf hatte sie in den vergangenen beiden Jahren jeweils die Halbmarathonstrecke absolviert. 2014 benötigte sie für die gut 21 Kilometer 1.57 Stunden. "Damit war ich sehr zufrieden", erinnert sie sich.

Nach der OP und den Bestrahlungen muss sie in diesem Jahr etwas kleinere Brötchen backen. Wichtiger ist ihr aber, dass sie überhaupt dabei sein kann. "Nach der Krebsdiagnose hatte ich zunächst gedacht: Nie wieder Sport, nie wieder Triathlon", sagt sie. Doch die Ärzte bestärkten sie, während der Therapie die sportliche Betätigung nicht komplett zu unterbrechen. Und so lief die 40-Jährige, die mit ihrem Freund in Hilgen lebt, weiterhin regelmäßig. "Man will ja nicht nur den ganzen Tag auf der Couch liegen", sagt sie. Zudem ist der Sport auch eine Art von Entspannung, die sie gerade in der psychisch belastenden Situation nicht missen möchte.

Über eine Bekannte ihrer Mutter hatte Nicole von dem sogenannten "Atemgating" bei der Bestrahlung erfahren. Sie habe diese Methode gewählt, weil dabei die negativen Auswirkungen auf das Herz minimiert werden. Bei der herkömmlichen Bestrahlung der linken Brustpartie geraten "die Herzkranzgefäße ins Bestrahlungsfeld", erklärt der Chefarzt der Klinik für Strahlentherapie und Radio-Onkologie am Helios-Klinikum, Marc D. Piroth. Dadurch könnten sich nach der Behandlung bei etwa zehn bis 20 Prozent der Patienten Herzprobleme einstellen. Beim Atemgating-Verfahren könne dies verhindert werden, weil die Patienten durch bewusstes Einatmen das Herz aus dem Strahlungsfeld herausbewegen. Im Bergischen Land wird diese Art der Strahlentherapie den Angaben zufolge nur am Helios-Klinikum angeboten.

Nach ihrer OP und Behandlung hatte Nicole immer mit Wehmut auf die Werbung für den Röntgenlauf geschaut. Die kurze Strecke von fünf Kilometern traute sie sich jetzt durchaus zu. Nach Rücksprache mit den Ärzten meldete sie sich für den Wettbewerb an - und freut sich jetzt schon auf den sportlichen Vergleich und die "schöne Atmosphäre" an der Strecke.

Und auch wenn sich vielleicht vieles verändert hat: Der sportliche Ehrgeiz ist geblieben. Sie sei zwar nicht auf eine Bestmarke aus, aber "eine Zeit von 27 bis 28 Minuten hätte ich schon ganz gerne", sagt sie. Wohlgemerkt: maximal 28 Minuten. Wer sagt, sie plane eine halbe Stunde für die Strecke ein, erntet deutlichen Widerspruch. Zwei Minuten mehr oder weniger sind auch in Zeiten der Rekonvaleszenz ein kleiner, aber feiner Unterschied.

(RP)
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