Remscheid Schüler berichten von ihrer Odyssee

Remscheid · Literaturkurse des Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasiums zeigen imposantes Film- und Theaterprojekt zum Thema "Flucht".

 Wenn alle Habseligkeiten in einen Müllsack passen. Szenen aus der Premiere von "Flucht" in der Aula der EMA.

Wenn alle Habseligkeiten in einen Müllsack passen. Szenen aus der Premiere von "Flucht" in der Aula der EMA.

Foto: Jürgen Moll

Wenn Schüler des Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasiums (EMA) zum Theaterabend einladen, dann darf der Besucher etwas Besonderes erwarten. Die Schule hat sehr gute Theaterpädagogen. Nicht nur, dass Schüler jeder Jahrgangsstufe stark auf der Bühne agieren, sie bearbeiten auch komplizierte Themen mit einer beeindruckenden Reife und Klarsicht.

Das Thema des aktuellen Abends hieß "Flucht". Doch was die Besucher erwartete, überraschte. Zwei Literaturkurse, ein identisches Thema, unterschiedliche Vorgehensweisen, verschiedene Medien. Die einen drehten Kurzfilme, die anderen entwarfen ein Theaterstück. Beide völlig unabhängig voneinander, beide auf ihre eigene Art schlüssig. Die einen arbeiteten mit Humor, stellten das Thema Flucht nicht in den aktuell politischen Kontext, sondern kreierten einen Stummfilm in schwarz-weiß, bei dem es um einen betrügerischen Pokerspieler geht, der vor den Gegenspielern fliehen muss. Die Besucher feierten die Kurzfilme, einige wie kleine Krimis aufgebaut, andere als eine Art Dokumentation, wo es beispielsweise um ein Outing ging, um die Flucht nach vorne, vor der konservativen Familie und der strengen Gesellschaft. Auch klassische Gedichte, über Flucht und Heimat setzten die Schüler in kleinen, professionell anmutenden Filmen um.

Danach folgte die Theatergruppe und sorgte beim ohnehin schon verblüfften Publikum für Verwirrung. Nach einer kurzen Pause versuchten die Besucher wie gewöhnlich die Aula zu betreten, doch Schüler in gelben Warnwesten, verteilten Zettel mit Nummern und nicht zu entziffernden Schriftzügen. In fremder Sprache, vermutlich Arabisch, teilten sie Männer und Frauen verschiedene Eingangstüren zu. Jeder musste sich nun einen neuen Sitzplatz suchen, der mit der Zahl auf dem Handzettel übereinstimmte. Das Publikum reagierte einerseits amüsiert - jeder wusste, es ist Teil der Show -; doch das Gefühl von Hilflosigkeit und Ungewissheit, was nun folgen würde, konnte nicht so leicht unterdrückt werden.

Das war gewollt, denn die Zuschauer sollten sich wie Flüchtlinge fühlen. Das ganze Stück über versetzten sich die Schüler in Flüchtende, die alles zurücklassen müssen auf ihrem schweren Weg ausgebeutet werden, versuchen ihr Leben zu retten, um am Ziel, in der vermeintlichen Sicherheit, zu spüren zu bekommen, dass sie nicht gewollt werden. Das Stück war gespickt mit sarkastischen Szenen über die deutsche Bürokratie. Gänsehautmomente gab es, als Schüler der "One-World-Class", der Seiteneinsteigerklasse der EMA, von ihrer Flucht aus Syrien, Iran und Afghanistan erzählten.

Ein lange nachwirkender Abend mit tollen Darstellern.

Nächste Gelegenheit, das Programm zusehen, ist schon heute Abend (Freitag 24.06), um 19 Uhr in der Aula der EMA, Elberfelder Straße 48.

(sebu)
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