Remscheid Schmissiger Operettenklassiker in modernem Gewand

Remscheid · Alle sprechen von der Griechenland-Krise, aber niemand kümmert sich um die dramatische Situation in Pontevedrino. Dem Operettenstaat steht das Wasser bis zum Hals, wenn nicht bald Geld kommt, ist man bankrott. Ein Hoffnungsschimmer bietet sich durch den plötzlichen Reichtum der Bürgerin Hanna Glawari, die ihren reichen, alten Ehemann, einen Millionenschweren Bankier unter die Erde gebracht hat. Botschafter Baron Mirko Zeta, (Andreas Post) möchte durch eine Heirat mit einem Pontevrediner die Millionen für sein Land sichern, und mit dem Lebemann Graf Danilo ist auch schon der richtige Kandidat gefunden. Allerdings waren beide schon einmal verbandelt und das ging nicht gut aus. Inzwischen verbringt Danilo, eine jahrzehntelange Paraderolle des unvergessenen Johannes Heesters, lieber seine Zeit bei den Grisetten in seinem Lieblingslokal, dem "Maxim". Das ist in groben Zügen die Handlung der 1905 in Wien uraufgeführten Operette "Die lustige Witwe" von Franz Lehar. Nach zuerst etwas frostigem Empfang trat die "Witwe" schnell einen Siegeszug um die Welt an, und gilt heute als bestes Werk des Tonkünstlers. Im gut besuchten Teo Otto Theater erlebten die Zuschauer eine Produktion der Kammeroper Köln, die im Großen und Ganzen ein wenig unausgewogen daherkam.

 Berechnung und Verführung auf der Operettenbühne des Teo Otto Theaters: "Die lustige Witwe" in einer Produktion der Kammeroper Köln.

Berechnung und Verführung auf der Operettenbühne des Teo Otto Theaters: "Die lustige Witwe" in einer Produktion der Kammeroper Köln.

Foto: actorsphotography

Die Regisseurin Birgit Eckenweber kleidet die Operette in ein modernes Gewand mit einem kargen Bühnenbild mit mobilen Wänden, lockere Kleidung anstatt Smoking oder Frack, und das funktioniert bestens. Natürlich gibt es bis zum Happy End im dritten Akt jede Menge Verwicklungen, besonders Valenciennes, die Frau des Gesandten und ihr Pariser Liebhaber Camille sind darin verstrickt, und ein in den unpassendsten Momenten auftauchender Fächer sorgt für zusätzliche Aufregung. Sarah Cossaboone und Benedikt Sindermann spielten mit großem Einsatz dieses Buffopaar, stimmlich konnten sie aber nicht überzeugen. Miriam Kurrie beeindruckte in der Rolle der Hanna, besonders ihr romantisches Lied über das "Waldmägdelein Vilja" entlockte dem Publikum Szenenbeifall. Überhaupt war von den Zuschauern ab und zu ein Mitsummen zu vernehmen, denn in dieser Operette folgt ein bekannter Ohrwurm auf den anderen.

Dominic Kron interpretierte mit seinem burschikosen Auftreten und der robusten Tenorstimme die Partie des Danilo, und als eine Herrenriege das Lied über das schwere "Studium der Weiber" anstimmte, klatschte der ganze Saal mit. Inga Hilsberg dirigierte die Bergischen Symphoniker, das Orchester weiß auch diese schwelgerischen Walzer und flotten Märsche wundervoll zu musizieren. Die personelle Ausstattung der Produktion war sehr beeindruckend - und zugleich eine große Herausforderung an das Ensemble, denn in der Operette wechselten sich Tanz und Gesang in rasantem Tempo ab. Und als Hanna Glawari ihrem Danilo die Grisetten ins Haus brachte, stand einer Versöhnung, der Heirat und der Sanierung der pontevredinischen Finanzen nichts mehr im Wege. Aber so etwas gibt es eben nur in der Operette, und in solch einem etwas modernisiertem Gewand steht ihr sicher noch eine lange Zukunft in Aussicht.

(RP)
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