Remscheid Satirische Dialoge mit dem Salat-Kopf

Remscheid · Der Schweizer Andreas Thiel zeigt in der Klosterkirche ein bissiges und geistreiches Programm mit Tiefgang.

 Ein Hingucker mit Hang zum Träumen: Andreas Thiel in der Klosterkirche.

Ein Hingucker mit Hang zum Träumen: Andreas Thiel in der Klosterkirche.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Der Auftritt des schweizer Satirikers in der Klosterkirche irisierte mit vielen Facetten genau so kunterbunt wie sein neuerdings in mehreren Farben schillernder Irokesenkamm. Die Farbe seiner Haartracht habe er gewechselt, um die Salafisten in die Irre zu führen, verriet er am Donnerstagabend in der Klosterkirche. Nach seinem scharfzüngigen Angriff auf den Koran hatten sie ihm mit seiner Ermordung gedroht.

So wie er, Schampus schlürfend im feinen Dress, aber eben mit dieser Irokesenpracht auf dem Haupt, sein geistreiches, wahnsinniges und bissiges Programm an das leider nicht so zahlreiche Publikum brachte, erschien er wie ein Traumtänzer, der seinen Glauben zwar an den Menschen, aber nicht an dessen Träume verloren hat.

"In einem dieser Träume" - einem absurd-schönen, morbiden (Untergangs-)Szenario mit korallenblauen Flamingos und roten Elefanten - saß er am Ende auf dem Boden und sprach mit einem Salat. Weil der Salat sein Herz im Kopf hat. Und das erwartet Thiel auch von seinem Publikum: Gefühl und Geist gleichermaßen. "Satire ist nicht lustig, dafür aber wahr." Komik sei nur für Leute, die sonst nichts zu Lachen haben, erklärte Thiel. Und die grausame Wahrheit sei nur mit Humor zu ertragen. So erläuterte er etwa in der Form eines fiktiven Dialoges den Wahnsinn der Energieversorgung: Hors-sol-Tomaten reifen nachts mit Atomstrom; Tomaten mit Solarstrom sind billiger - sie sind quersubventioniert. Die billigeren unter den teureren Treibhaus-Tomaten werden mit Strom aus Wasser bewässert, das vorher mit billigem Atomstrom in den Stausee hochgepumpt wurde. Aus dem Gipfel dieses Wahnsinns reifen die Erneuerbare-Energie-Tomaten. Sie wachsen mit Strom aus Biogas, das verrottende billige Atomstrom-Tomaten aus Frankreich erzeugen. Diese "Tomaten" zergehen im eigenen Salatkopf auf der Zunge und entfalten ihre Wirkung allmählich wie homöopathische Arznei.

Dazu glichen die Interimsauftritte der beiden Musikanten "Les Papillons" im pink-grellen Frack dem Tanz auf dem Vulkan. Mit bewegendem, aberwitzigen Minenspiel pusteten sie frische, virtuose Collagen aus bekannter Musik von Klassik, Pop und Rock in die (Salat-)Köpfe der Leute. Und machten darin Platz für Ideen. Wie etwa die, Palästinenser von Jerusalem in den Vatikan umzusiedeln und den Vatikan dafür nach Südamerika zu verschiffen. Manche Sätze Thiels ließen einem auch auf dem Nachhauseweg nicht mehr los. Wie zu Bischoff Tebartz-van Elst: "Das deutsche Kreuz hat einen Haken." Oder über Protestanten: "Sie glauben, was sie sehen, wenn sie in den Speiegel schauen." Darüber kann der Salatkopf ruhig ein bisschen länger verweilen. Weil: "Man lebt nicht länger, wenn man sich beeilt."

(begei)
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