Remscheid Zeugnis für die bergische Zusammenarbeit

Remscheid · Dicke Luft im Bergischen Städtedreieck: Vor allem Remscheid und Wuppertal streiten um ihre geplanten Outletcenter. Einer droht dem anderen mit Klage. Dabei ist klar: Die hoch verschuldeten bergischen Städte müssen auf vielen Feldern zusammenarbeiten. Wir haben sie näher betrachtet und Noten verteilt.

Remscheid und Wuppertal streiten um ihre geplanten Outletcenter
Foto: Jürgen Moll

Sammeln von EU-Geld

Wer Fördergeld der Europäischen Union erhalten will, muss sich breit aufstellen und regional denken. Nicht nur die Signale, die etwa NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin bei regelmäßigen Besuchen im Bergischen aussendet, zielen eindeutig in diese Richtung. Wer große Töpfe anzapfen will, braucht gute Argumente und ansprechende Projekte. Die drei bergischen Städte haben dazu ein Instrument, das gut funktioniert - die Bergische Struktur- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft. Sie wird von den drei Bergischen Städten getragen und hat zwischen 2007 und 20014 stattliche 50 Millionen Euro EU-Förderung ins Bergische geholt. Sie hat viele Aufgaben, eine davon ist das Einsammeln von Fördergeld. Sie ist bisher eine Erfolgsgeschichte und hat vorgemacht, wie Kooperation geht. Note: 2

Kampf gegen Überschuldung

Ein Thema, bei dem weitgehend Einigkeit herrscht. Alle drei Kommunen im Städtedreieck sind hoch verschuldet und pochen seit Jahren auf mehr finanzielle Hilfe von Land und Bund. Im Aktionsbündnis "Für die Würde unserer Städte" streiten Kämmerer und OBs gemeinsam. Und auch beim Kampf um die gerechtere Verteilung der Investitionshilfe-Millionen des Bundes arbeiten Remscheid. Solingen und Wuppertal gut zusammen. Remscheid und Wuppertal als besonders betroffene Städte nehmen an der ersten Runde "Stärkungspakt Stadtfinanzen" der Landesregierung teil, Solingen stieg in die zweite ein. Alle bekommen finanzielle Hilfe aus Düsseldorf und verpflichten sich dafür auf einen strengen Sparkurs. Einziger Misston: Durch die Neuberechnung beim Stärkungspakt wurden Wuppertal erhoffte Millionen aberkannt, Remscheid bekam dafür mehr. Note: 2

Wirtschaftsförderung

Allen Appellen und politischen Anträgen der SPD für gemeinsame Gewerbegebiete zum Trotz: Wenn es um die Stärkung der eigenen Wirtschaft geht, ist sich im Städtedreieck jeder immer noch selbst der Nächste. Das zeigt die aktuelle Diskussion um geplante DOCs und FOCs in den drei Städten wie unter dem Brennglas. Vertrauensvolle Verabredungen sind schnell nichts mehr wert, wenn ein Investor mit viel Geld winkt und sich der jeweilige Bürgermeister einen positiven Effekt für seine Stadt und sein Ansehen verspricht. Deals wie "Du bekommst Ikea, ich dafür das DOC" platzen dann wie Seifenblasen. Wuppertal beherrscht dieses Spiel seit Jahren perfekt und sieht das als das gute Recht der größten der drei Städte an, die sich nur auf Druck der Bezirksregierung überhaupt mit den zwei kleinen Nachbarn abgibt. Nun stehen als nächste Eskalationsstufe sogar Klagen im Raum. Immerhin: Die Aufsichtsbehörde in Düsseldorf hat ein regionales Gewerbeflächenkonzept gefordert. Die Städte müssen sich bei diesem wichtigen Thema jetzt mehr absprechen als früher. Vorzeige-Projekte wie der gemeinsame Auftritt der "Bergischen Drei" auf der Münchner Immobilienmesse "Expo real" sind aber weiterhin vor allem der schlechten Kassenlage geschuldet, und der Hoffnung, dass ein großer gemeinsamer Stand mehr auffällt als drei kleine. Note: 4-

Tourismus-Werbung

Ob zu den Messen nach Utrecht, Düsseldorf oder Berlin - die bergischen Städte treten als Trio mit einem gemeinsamen Stand auf. Es wäre auch irrsinnige, wenn jeder dort sich als Einzelkämpfer präsentieren würde. Reiseveranstalter buchen für Regionen, weniger für Städte. Erst mit der Regionale 2006 und dem Brückenpark entwickelte sich die Idee, Touristen für die Region zu entdecken. Brückenpark und Schloss Burg gehören zu den Aushängeschildern. Gut, dass sich alle drei Städte bereiterklärt haben, viel Geld in die neue Ausrichtung von Schloss Burg zu stecken. Das hat lange gedauert. Mit den verschiedenen Fahrrad- und Wandertrassen stieg die Attraktivität der Region enorm. Das war ein guter Wurf. Offenbar kann das Bergische Land dank flotter Werbung vom Wandertrend profitieren. Note: 2

Kulturförderung

Das Lebensgefühl einer Stadt wird nicht vom Arbeitsplatz und Einkaufsmöglichkeiten allein beflügelt. Die Kultur bestimmt einen Großteil der Identität. Daher ist jede Stadt stolz auf das, was sie zu bieten hat. Remscheid auf sein Teo Otto Theater, das Röntgenmuseum und die Klosterkirche, Solingen auf das Klingen- und Kunstmuseum und Wuppertal auf das Tanztheater Pina Bausch, den Tony-Cragg-Park und die Oper. In der Kulturpolitik will jeder sein eigenes Süppchen kochen. Das ist gut so. Wo es die finanzielle Not aber erzwingt, gibt es zähneknirschende Kooperationen wie die zwischen Solingen und Remscheid beim Orchester. Trotz vieler Ärgerlichkeiten ist die Fusion eine Erfolgsgeschichte. Auch wenn den Wuppertalern das Wasser bis zum Halse steht, ein bergisches Orchester lehnen sie ab. In der freien Szene gibt es sinnvolle Kooperationen über die regionale Kulturförderung. "Viertelklang" ist ein gutes Beispiel für Gemeinsamkeiten. Es wäre eine Bereicherung, wenn es auf diesem Gebiet noch mehr Austausch und mehr Projekte gebe. Der bergische Kulturbürger findet im Umkreis von 25 Kilometern eine breite Auswahl an Angeboten. Ob in Remscheid, Solingen oder Wuppertal - er nimmt mehr und mehr die bergische Kulturlandschaft als Einheit wahr. Note: 3

(RP)
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