Remscheid Polizeichef kam als erster in die Zelle

Remscheid · Lenneps altes Rathaus hat eine bewegte Geschichte mit vielen Anekdoten. Es war auch Arrestzelle und Gericht. Nun ist es ein modernes Appartement-Hotel.

 Prächtige Visitenkarte Lenneps - das alte Rathaus an der damaligen Kaiserstraße (Foto oben) wurde 1889 gebaut. Nach der Eingemeindung 1929 verlor es seine Funktion.

Prächtige Visitenkarte Lenneps - das alte Rathaus an der damaligen Kaiserstraße (Foto oben) wurde 1889 gebaut. Nach der Eingemeindung 1929 verlor es seine Funktion.

Foto: Lennep-Archiv Wilhelm R. Schmidt

Das neue "Boardinghouse Roter Löwe" wurde gestern offiziell eröffnet. Interessiert flanierten die geladenen Gäste durch die stilvoll gestalteteten Räume des Hauses, das Hotel-Appartements vermietet. Die vollständig eingerichteten und möblierten Appartements vermitteln ein wohnliches Ambiente. Das sanierte und renovierte Gebäude und zu einem Teil sogar die Einrichtung des früheren Gerichtsgebäudes wurden geschmackvoll umgestaltet. So befindet sich versteckt im aus massivem Holz hergestellten ehemaligen Richtertisch im alten Gerichtssaal nun eine Küchenzeile. In einem der Türme im Dachgeschoss wurde unter den frei gelegten Holzbalken ein modernes Badezimmer eingerichtet.

Dass das altehrwürdige Gebäude nun eine neue, moderne Nutzung erfahren hat, freut Wilhelm R. Schmidt, schließlich ist er der Urenkel des Erbauers. "Ich selber bin als Kind öfter in dem Gebäude gewesen, meine Eltern und weitere Familienangehörige waren kurz nach dem Zweiten Weltkrieg dort öfters auf dem Standesamt, wovon es noch alte Fotos gibt, die Männer manchmal mit traditionellem Zylinder, und sogar geschäftliche Streitigkeiten der Familie wurden dort besiegelt", berichtet Schmidt. "Sehr beeindruckend fand ich im Inneren immer die opulente Eichentreppe." Sein Urgroßvater Albert Schmidt hatte das Gebäude 1889/90 entworfen und errichtet. Als "charakteristisches Beispiel des Historismus" weise es "gewisse Parallelen zum Hotel de Ville in Paris auf", schreibt Dr. Michael Metschies, Lehrer am Röntgen-Gymnasium, im Jahr 1980.

Zur damaligen Anfangszeit des repräsentativen neuen Rathauses hat Schmidt eine schöne Anekdote parat. Sie handelt vom "ersten Arrestanten im Lenneper Rathaus" und geht so: Im Keller des neuen Rathauses waren Arrestzellen eingebaut. Zu dieser Zeit amtierte in Lennep der legendäre Polizeikommissar Frohnert, ein schneidiger, aber durchaus gerechter Herr. Als nun der Bau in Betrieb genommen war, erschien August Kluthe, ein bekannter Lenneper Spediteur, im Rathaus und besuchte dort auch den Polizeikommissar. Der führte den Besucher durch das Haus. Im Keller öffnete er ihm auch die Gefangenenzellen. Kluthe fragte: "Wer wird wohl hier der erste Arrestant sein?" - "Das kann wohl niemand wissen, entgegnete der Kommissar." Darauf Kluthe: "Doch, ich weiß es, morgen werde ich es Ihnen sagen." Er lief aus der Zelle, schloss die Tür und drehte den Schlüssel um. So musste der Polizeikommissar als erster Arrestant zwei Stunden lang in der Zelle verbringen. Der Kommissar zeigte Humor, der Stadtverordnete Kluthe blieb von einer Anzeige wegen Freiheitsberaubung verschont. Der Vorfall sorgte für allgemeine Heiterkeit in Lennep.

1929 nach der Eingemeindung Lenneps verlor das Rathaus seine Funktion. Das Amtsgericht zog ein. Ende der 1970er Jahre wurde es zur Nebenstelle erklärt und 2006 schließlich als Standort aufgegeben. Seither stand das Gebäude leer. Lange wurde ein Käufer gesucht, bis sich die Wuppertaler Firmengruppe Küpper als Investor fand.

(bu)
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