Remscheid Politik mit Hirn, Herz und Humor seziert

Remscheid · Auf Einladung der KAB war die Kabarettistin Anny Hartmann zu Gast in der Klosterkirche.

 Nichts ausdenken, nur mitschreiben - in der Klosterkirche las Anny Hartmann der aktuellen Politik die Leviten.

Nichts ausdenken, nur mitschreiben - in der Klosterkirche las Anny Hartmann der aktuellen Politik die Leviten.

Foto: Archiv

Politik kann ja so (irr)witzig sein. Vor allem dann, wenn scheinbar komplizierte Sachverhalte sich ganz einfach aufdröseln lassen und der blanke Wahnwitz durchschimmert. Das vermag die studierte Volkswirtin und ehemalige Sparkassenangestellten Anny Hartmann. Sie wechselte das Fach, nachdem sie in ihren Kollegen nur noch "tote Menschen" gesehen hatte. Farbenfroh grell gekleidet füllte sie am Freitagabend den Raum der Klosterkirchenbühne mit Köpfchen und Korpus. Mit Hirn Herz und Humor gelang es ihr, mit dem spitzen Pfeil des Wortes ihre Zielgruppe zu treffen. Eingeladen hatte der Stadtverband Remscheid der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB). Klar also, dass soziale Themen im Brennpunkt standen. Und da war Anny Hartmann genau die Richtige. Wer weiß schon, wie hoch derzeit die Beitragsbemessungsgrenze bei der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung liegt? Die Künstlerin gab die Antwort: Wer mehr als 72 600 Euro im Jahr verdient, dessen Beitrag steigt nicht mehr. Seine Beiträge sinken danach prozentual zum Einkommen. "Reicher werden immer reicher", so nannte es Hartmann. Weil ihr Geld für sie arbeitete. Geld, das der kleine Mann gar nicht erst habe. Die Wiedereinführung der Vermögenssteuer von einem Prozent ab einer Million Euro brächte dem Staat über zehn Milliarden Euro ein. Ein Ehepaar, das zwei Millionen Euro Vermögen hat - also Geld, das einfach da ist, sagt die Kabarettistin - hätte nach Steuer "nur" noch 1,8 Millionen Euro übrig. "Zu wenig?", fragt sie.

Nächstes Thema: In Deutschland sterben pro Jahr drei Menschen durch Tränengaseinsätze. Eigentlich dürfe es gar nicht gegen Menschen eingesetzt werden, es diene der Tierabwehr. Aber das Innenministerium erlaube es der Polizei durch eine Ausnahmeregelung. Wer kein Tränengas vertrage, der solle Soldat werden, empfiehlt die Kabarettistin. Die Genfer Konvention verbiete nämlich den Einsatz von Tränengas im Krieg. Und so ging's weiter in Hartmanns Programm. Sie ließ nichts aus. Vom "Flüchtlingsabsaufen" über Vorratsdatenspeicherung, Aufsichtsrats-Frauenquote bis zur "Fifa-Mafia". "Ich muss mir gar nichts ausdenken, nur mitschreiben", sagte die Kabarettistin wie beiläufig. Schließlich brachte sie ihre Lösung für viele Probleme, die beim Geld beginnen: das bedingungslose Grundeinkommen. Damit fand sie die volle Zustimmung der KAB. Ulrich Banck, Vorsitzender des Stadtverbandes, freute sich über 140 Besucher und fand das Programm "optimal". Es störte ihn nicht, dass Hartmann sagte, durch die Kreuzzüge seien die Katholiken ja "an Scheinheiligkeit" gewöhnt.

(RP)
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