Remscheid "Ohne Arbeit werden wir krank"

Remscheid · Drei Flüchtlinge aus Remscheid machten Praktikum beim Wermelskirchener Unternehmen ACU Klebeband Rößler.

Remscheid: "Ohne Arbeit werden wir krank"
Foto: Hertgen, Nico (hn-)

Die meiste Zeit hat Mandeep Singh Mana wenig gesagt, doch als das Gespräch zu Ende geht, möchte der 26-jährige Inder eine Sache festhalten: "Wir werden alle krank, wenn wir nicht arbeiten können." Die deutschen Behörden müssten ihm und anderen Flüchtlingen die Möglichkeit geben, hier auch zu arbeiten und Geld zu verdienen - auch dann, wenn sie noch im Asylverfahren sind oder möglicherweise nur geduldet werden, weil der Asylantrag abgelehnt ist. Wie Mana, der in Remscheid lebt, geht es derzeit Hunderttausenden Neuankömmlingen in Deutschland. Sie möchten arbeiten, dürfen dies aber nicht, solange ihr Asylantrag nicht positiv beschieden ist.

Wie wichtig Arbeit für die Selbstbestätigung und Integration in die Gesellschaft ist, hat Mana im Sommer dieses Jahres zusammen mit zwei Flüchtlingen aus Bangladesch erlebt. Von Mitte Juli bis Mitte August hat das Trio ein Praktikum bei der ACU Klebeband Rößler GmbH & Co. KG in Wermelskirchen absolviert. Geschäftsführer Frank Rößler würde die drei als angelernte Mitarbeiter vermutlich sofort einstellen - obwohl sie keine Ausbildung haben und die Sprache noch nicht perfekt ist. "Die waren beim Praktikum alle hochmotiviert und schon als erste vor dem Werktor", sagt er.

Fest anstellen darf Rößler derzeit keinen der drei, weil bei einem, Ahmed Tusher, das Asylverfahren noch läuft. Bei den beiden anderen - Mana und Sherabon Sheihk - ist es schon abgeschlossen. Da ihr Antrag auf Asyl abgelehnt wurde, leben sie derzeit als Geduldete quasi provisorisch in Deutschland. Eine Beschäftigung ist nicht erlaubt, und auch die Arbeitgeber überlegen es sich wohl zweimal, ob sie Menschen einstellen, von denen sie nicht wissen, ob sie in ein oder zwei Monaten noch im Land sind oder abgeschoben wurden. Geschäftsführer Rößler begrüßt die drei beim Wiedersehen im Werk wie langgediente Mitarbeiter. Und er ist sauer auf Politik und Verwaltung, weil sie den Flüchtlingen nach seiner Ansicht keine Chance auf Arbeit und Integration böten. "Es ist ein Jammer, dass Politik und Verwaltung dieser Aufgabe nicht gewachsen sind", sagt er. Viele Unternehmen hätten Bedarf an Mitarbeitern - und das betreffe nicht nur die Sparte der Facharbeiter, sondern auch den Bereich der Angelernten.

"Es ist leicht, den Weg zu weisen", sagt auch Udo Göckel von Sozialdienst des Vereins BAF aus Remscheid, der den Kontakt zwischen den Flüchtlingen und dem Unternehmen geknüpft hatte. Die drei leben übrigens seit zwei bis vier Jahren in Deutschland und sind nicht mit der aktuellen Flüchtlingswelle gekommen. Alle drei sind nach eigenen Angaben aus politischen Gründen geflohen. Sie hoffen darauf, irgendwie hierbleiben zu können: Tusher würde gerne in der Altenpflege arbeiten, Sheihk und Mana würden lieber heute als morgen bei ACU wieder anfangen.

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Geschäftsführer Rößler fordert mit Nachdruck, die Einrichtung eines "personalstarken Referats" in den Kommunen, das sich mit der beruflichen Integration der Flüchtlinge beschäftigt. "Wir brauchen Arbeit und eine Perspektive für die Leute - sonst geht's nicht", sagt er. Die Integration der Flüchtlinge sei "eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe". Die Unternehmen seien bereit, hier zu helfen - wenn man den rechtlichen Rahmen dafür schafft. Der Geschäftsmann könnte sich in diesem Zusammenhang auch vorstellen, einen Unternehmerfonds im Remscheid ins Leben zu rufen, der diese wichtige Aufgabe unterstützt.

(RP)
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