Remscheid Nicht bloß ein Blick 70 Jahre zurück

Remscheid · Beim Erinnern an die 71 Ermordeten vom Wenzelnberg wurden bei einer Gedenkveranstaltung zahlreiche Bezüge zur Gegenwart gezogen.

Der Solinger Oberbürgermeister Norbert Feith verdammte in seiner Rede die jüngsten fremdenfeindlichen Parolen an Flüchtlingsheimen.

Der Solinger Oberbürgermeister Norbert Feith verdammte in seiner Rede die jüngsten fremdenfeindlichen Parolen an Flüchtlingsheimen.

Foto: Matzerath

Das Gedenken an die 71, am Wenzelnberg hingerichteten Menschen hatte 70 Jahre nach der Gräueltat zahlreiche Bezüge zur Gegenwart. Vor rund 250 Zuhörern erinnerte der Solinger Oberbürgermeister Norbert Feith am Mahnmal daran, dass vor wenigen Tagen ein Flüchtlingsheim in Solingen mit Hakenkreuzen beschmiert worden sei. Entschieden wandte sich Feith deshalb gegen Extremisten und Demagogen, die Hass säen, Ängste schüren und die Bevölkerung in feindliche Lager spalten wollten: "Wir Städte werden es nicht zulassen, dass Stimmung geschürt wird gegen Flüchtlinge und Asylbewerber. Es ist ein Gebot der Humanität und der Solidarität unter Menschen, Flüchtlingen aus Kriegsgebieten einen Zufluchtsort zu bieten, auch wenn das für die Gemeinden eine Herausforderung darstellt."

Das Gedenken an das Wenzelnberg-Massaker könne niemals zur Routine werden, sagte Feith. Die 71 Männer - drei von ihnen bis heute ohne Namen und Herkunft - starben am 13. April 1945, als alliierte Soldaten bereits an den Stadtgrenzen standen. Ein Trupp der Gestapo hatte Gefangene aus dem Remscheider Zuchthaus Lüttringhausen und aus Wuppertal abgeholt und auf Lastwagen zur Wenzelnbergschlucht gefahren. Im Sandboden war bereits Tage zuvor ein Massengrab ausgehoben worden. Zu zweit und mit Draht aneinandergefesselt mussten die Gefangenen von den Lkw steigen, niederknien und wurden durch Genickschüsse getötet. Anwohner berichteten später, Schreie und Schüsse seien mehr als eine ganze Stunde lang zu hören gewesen. Die Gedenkfeier wurde von der Stadt Solingen ausgerichtet. Die Solinger Schülerinnen Ayca Iper und Bera Seri von der Projektgruppe "Pro Agenda/Contra Nazis" des Jugendstadtrates forderten dazu auf, den menschenfeindlichen Parolen von Pegida und Pro NRW eine entschiedene Absage zu erteilen. Es dürfe nicht länger jeder darauf warten, dass der andere anfange.

Günter Bischoff von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten" sagte, seit 2012 habe sich die Zahl rechtsradikaler Übergriffe versechsfacht. Er führte dies auf die angeblich ausgebliebene Aufarbeitung von Nazi-Diktatur zurück. Bischoff äußerte auch den Verdacht, die NSU habe nur deshalb zehn Jahre lang Zuwanderer ermorden können, weil die Täter Unterstützung gehabt hätten.

(RP)
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