Remscheid Mit Mut eine neue Richtung einschlagen

Remscheid · Inga Bauer hat sich bei ihrem Familienunternehmen von der Tradition verabschiedet. Das Loslassen schafft Freiräume.

 Inga Bauer, Geschäftsführerin des Unternehmens Bauer & Böcker.

Inga Bauer, Geschäftsführerin des Unternehmens Bauer & Böcker.

Foto: Hertgen, Nico (hn-)

Inga Bauer gehörte zu den Unternehmerinnen und Unternehmern, die beim ersten Remscheider Innovationstheater über eingeleitete und aus ihrer Sicht notwendige Veränderungsprozesse im Betrieb sprachen. Ihr Vortrag, den sie in einem T-Shirt mit der Aufschrift "Mut" hielt, kam bei den Gästen aus der bergischen Wirtschaft besonders gut an. Die geschäftsführende Gesellschafterin der Remscheider Firma Bauer & Böcker hat in den letzten Jahren einschneidende Veränderungen in ihrem Unternehmen vollzogen, ohne dass es dafür eine wirtschaftliche Notwendigkeit gegeben hätte. "Man hält gerne an Altem fest. Wenn man sich aber traut loszulassen, kommen auf einmal Dinge zutage, die bislang blockiert waren", hat Inga Bauer erfahren.

Was dabei für sie, ihre Mutter Christa Bauer und auch die 15 Mitarbeitenden den größten Wandel bedeutete, war die Trennung von der Fertigungssparte Rohrsteckschlüssel, mit der sich ihr Großvater vor 82 Jahren selbstständig gemacht hatte und das Unternehmen zu nachhaltigem Erfolg führte. "Wirtschaftlich machte uns dieser Bereich schon lange keine Freude mehr und Probleme gab es damit auch. Trotzdem konnte ich mich lange Zeit nicht dazu durchringen, die Produktion aufzugeben", erinnert sie sich und ist hinsichtlich des ausschlaggebenden Moments für die Entscheidung sehr ehrlich. Eine private Lebenskrise habe sie durch ein Tal geführt, das sie heute aber als Chance begreift.

Nach dem Besuch eines Seminars, nach Lektüre zahlreicher Bücher zum Thema modernes und erfolgreiches Unternehmertum, trommelte sie ihre Beschäftigten zusammen und gewann sie für eine neue Optimierungsoffensive. "Wenn man als Unternehmer tagtäglich in den Betriebsalltag eingebunden ist, bewegt man sich wie im Hamsterrad, kommt aber nicht immer richtig vorwärts." Also machte sie einen ihrer "besten Mitarbeiter" zum Geschäftsführer. Tobias Gembus hält der Chefin jetzt den Rücken vom Tagesgeschäft frei, während sie sich verstärkt um die strategische Ausrichtung kümmern kann.

Inga Bauer hat nun die Freiräume, die ihr vorher fehlten - um Netzwerke aufzubauen, von Gesprächen mit anderen Unternehmern zu lernen und neue Ideen aufzugreifen. Ein Unternehmensberater kam ins Haus, um mit dem ganzen Team einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess anzustoßen. Auf den erfolgreichen Produktionsbereichen LED-Technik, Magnet- und Lasertechnik baut man auf, die sogenannten Rescue-Armbänder als jüngste Produktidee treibt man auf vielerlei Wegen nach vorne. Neu gewonnener Platz wird gut überlegt genutzt. "Wo findet die Wertschöpfung statt? Wo kann man Überflüssiges vermeiden? Diese Fragen haben wir uns gestellt", erklärt die Geschäftsführerin. Durch ihren Vorstoß, den ihre Mutter als weitere Gesellschafterin mittrug, hat sie das Familienunternehmen neu aufgestellt. Eine Zäsur für Belegschaft und Unternehmensleitung wird ihr Umzug nach Berlin sein, wo sie ab dem nächsten Jahr einen zweiten Wohnsitz haben wird. Dort will sie in die Gründerszene eintauchen, mit Unternehmern sprechen und neue Impulse aufgreifen.

"Dabei ist es wichtig, an unseren Werten wie Nachhaltigkeit und Fairness, die uns generell im Bergischen auszeichnen, festzuhalten. Ich möchte mutig, aber nicht übermütig sein. Also einen beherzten Schritt nach vorne tun," sagt Inga Bauer.

(RP)
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