Remscheid Mit Brahms und Liszt Ungarns feurige Romantik erkunden

Remscheid · Ungarische Musik entzündete in der Zeit der Romantik die Phantasie der Menschen in den Städten Europas. Feurige Leidenschaften, temperamentvolle Rhythmik, sanfte, sehnsuchtsvolle Gefühle prägten die Kompositionen von Johannes Brahms und Franz Liszt, die die Musik wandernder Zigeunerkapellen studierten und viele ihrer Elemente in die eigene Musik aufnahmen. Am Sonntagnachmittag erlebte das Publikum der Konzertreihe "Weltklassik am Klavier" in der sehr gut besuchten Klosterkirche Lennep ein Konzert dieser gegensätzlichen Kräfte und Energien. Zum vierten Mal spielte die junge russische Pianistin Sofja Gülbadamova in Lennep und konnte auf ihr erfreutes Stammpublikum rechnen. In ihren Konzerten spielt sie nicht nur die ausgewählten Werke, sondern lässt das Publikum an ihrer eigenen Auseinandersetzung mit ihnen und ihrer Geschichte teilhaben. Sehr klar arbeitet Gülbadamova die Strukturen der Werke heraus. So begann das Konzert mit einem wahrhaft hereinstürzenden Klanggewitter dichter Akkorde, die unvermittelt einer hellen, sanften Melodik weichen mussten, um dann erneut ihre Macht zu entfalten.

Wunderbar schnelle, immer in Klarheit schimmernde Arpeggien spielt Sofja Gülbadamova, immer bleiben auch Passagen im Fortissimo und Presto strukturiert. Das Publikum erfuhr in ihrer Moderation, dass Clara Schumann vom 2. Satz des 1. Streichquartetts von Brahms so begeistert war, dass sie den Komponisten um eine Klavierfassung bat. Diese behielt sie geheim und erst nach ihrem Tod wurde sie gedruckt. Sofja Gülbadamova spielte dieses poesievolle Stück mit seinen rollenden, wie von gewaltigen Wellen durchströmten Läufen, das in einer inneren Beruhigung choralartig endet. Brahms Zeitgenosse Theodor Kirchner bearbeitete die "Zigeunerlieder" op. 103 für das häusliche Klavierspiel. Gülbadamova spielte eine Fassung, in die sie die von Kirchner weggelassenen, schwierigen Passagen wieder aufnahm, also eine eigene Bearbeitung, ein Werk, das mit seinen heftigen, chromatischen Verschiebungen und leidenschaftlicher Melodik abwechslungsreiche Episoden erzählte. Nach der Pause erklangen die vier Ungarischen Rhapsodien von Nr. 16 bis 19 von Franz Liszt, eine gewaltige und farbenprächtig Musik voller Wildheit und gesteigerter Emotionen. Wundervolle Trillerpassagen verdichteten sich zu taumelnden Leidenschaften im klugen und virtuosen Spiel der sympathischen Pianistin.

(gsm)
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