Remscheid Mehr junge Angeklagte wegen Körperverletzung

Remscheid · Die jüngst vom Landgericht Wuppertal veröffentlichten Zahlen aus dem gesamten Gerichtsbezirk haben am Remscheider Amtsgericht für Verwunderung gesorgt. Danach stiegen die vor dem Jugendschöffengericht verhandelten Verfahren in 2009 im Vergleich zum Vorjahr um knapp 30 Prozent an. Eine Entwicklung, die sich Jugendrichter Uwe Intorf aus seiner täglichen Arbeit überhaupt nicht erklären konnte.

Ein Fall treibt Statistik hoch

Deshalb recherchierte er mit Unterstützung von Bernd Hogrebe, der als Staatsanwalt vor Ort mit den meisten Fällen betraut ist, nach. Und die beiden Juristen wurden fündig: Der Schlüssel zum Anstieg liegt offenkundig in der Tücke der Statistik. Denn eingeflossen in die Zahlen ist der Fall eines Remscheiders, der von Wipperfürth aus einen groß angelegten Internetbetrug betrieb, bei dem sich die Geschädigten über ganz Deutschland und sogar bis ins europäische Ausland verteilten. Jede einzelne Anklage landete somit auf dem Tisch des Remscheider Richters, insgesamt kamen 40 Verfahren aus diesen Betrügereien zusammen.

"Wenn wir die abziehen, hatten wir weniger Fälle als 2008", zeigte Staatsanwalt Hogrebe auf. Auch waren es zumeist keine schwerwiegenden Verbrechen, die das Gericht beschäftigten. Allerdings räumte Richter Intorf ein, dass es eine Zunahme an Körperverletzungsdelikten gegeben habe. Auch seien bei den Angeklagten junge Leute mit Migrationshintergrund überproportional vertreten. "Für mich hängt besonders bei den Migranten vieles an einer völligen Perspektivlosigkeit", heißt die Erfahrung des Jugendrichters.

Außerdem beklagte er, dass häufig das Eltern-Kind-Verhältnis "völlig desolat" sei. "Ich erlebe bei vielen Eltern eine überfürsorgliche Haltung, die manchmal sogar regelrecht in Angst vor den eigenen Kindern mündet."

Dass das Modell des Staatsanwaltes vor Ort, der den jugendlichen Ersttätern mit der so genannten Gelben Karte schnell und nachdrücklich ihre Grenzen aufzeigt, erfolgreich ist, glauben unisono Gericht und Staatsanwaltschaft. Kleinere Diebstähle, Schulhofprügeleien oder Schwarzfahren werden dadurch sofort geahndet, ohne dass diese Vergehen als Verfahren vor dem Gericht landen. Durch verschiedene Gründe sei die Jugendgerichtshilfe derzeit jedoch personell unzureichend besetzt, was die Arbeit erschwere. "So wie's jetzt im Moment läuft, holpert der Karren auf drei Rädern durch die Gegend", räumte Bernd Hogrebe ein.

(RP)
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