Remscheid Mehr als 100 Aktive machen den Honsberg zur Kunstmeile

Remscheid · Fährt man über die Honsberger Straße in den Stadtteil hinein, grinst frech der Bergische Löwe von einer Hauswand. Den Farbtopf in der einen und die Sprühdose in der anderen Tatze, begrüßt er zum "Streets Festival", das am Wochenende drei Tage lang die Besucher begeisterte. Denn: Durch die Kulturwerkstatt "Ins Blaue" erhält der Bezirk sukzessive ein völlig verändertes Gesicht.

 Auch das Theater Filidonia trat beim "Streets Festival" auf und zeigte eine besondere Form der Maskerade.

Auch das Theater Filidonia trat beim "Streets Festival" auf und zeigte eine besondere Form der Maskerade.

Foto: Jürgen Moll

Mehr als 100 Künstler, die teilweise eine weite Anreise in Kauf nahmen, machten aus Straßen, Wiesen und Häusern eine große, begehbare Galerie. Die Assoziation zum Prenzlauer Berg, dem Szeneviertel in Berlin, kam da schnell in den Sinn. Skulpturen standen auf den Wiesen zwischen Häuserreihen und Wäschespinnen, dazwischen der Geruch von Farbe, Sprachenvielfalt bei Künstlern und Besuchern, während Bob Marleys "Could you be loved" aus dem Lautsprecher klang.

Elf Fassaden hat die kommunale Wohnungsgesellschaft Gewag für Graffiti zur Verfügung gestellt. Hoch auf fahrbaren Gerüsten beseitigten Künstler bestehende Tristesse und hinterließen ihre farbenfrohe Visitenkarte. Wie sich das Viertel in der Zwischenzeit entwickelt hat, betrachten Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz und Gewag-Chef Hans-Jürgen Behrendt mit großem Wohlwollen und Optimismus. "In diesem Stadtteil sind Dinge ermöglicht worden, die lange Zeit niemand mehr für möglich gehalten hätte", sagte der OB, als er am Samstagmittag das Festival eröffnete. Diesen Prozess weiter tatkräftig zu unterstützen, sieht er als Aufgabe der Politik in Remscheid an.

Die Gewag unterstützt die Initiatoren auch dadurch, dass sie den Künstlern etwa in der Halskestraße mehrere Häuser zum Arbeiten und teils auch zum Wohnen für kleines Geld zur Verfügung stellt. Welches Potenzial an Kreativität sich dort auf mehreren Etagen zeigt, konnten die Festival-Besucher bei einem Rundgang feststellen. Eva Zimmerbeutel etwa, die in Maastricht Textildesign studiert hat, präsentierte mit Adam Mark Fiegler und Przemyslaw Wanczyk Textilkunst auf besondere Art. Eimerweise Sand verwandelte einen der Räume in eine Strandszenerie, während gleich nebenan ein ganzes Haus zur Bühne für verschiedene Performances wurde.

"Diese Häuser wollten wir vor drei Jahren schon abreißen", berichtete Hans-Jürgen Behrendt in Bezug auf veränderte Ansprüche an Wohnen, denen die Bauten aktuell nicht mehr gerecht werden. Heute scheine sich der Honsberg zu einem Zentrum für Kreativität, Denken und Handeln zu entwickeln. "Wir hoffen, dass dieser Stadtteil in der Außenwirkung eine andere Wahrnehmung erhält", sagte er. Entscheidend für die Stadtteilentwicklung werde dabei sein, ob das "Ins Blaue-Kollektiv" und seine Initiativen langfristig über die Grenzen des Honsbergs ausstrahlen könne. Zunächst, so hat der Gewag-Aufsichtsrat entschieden, sollen die Häuser den Künstlern weiterhin Raum und Bewegungsfreiheit geben. Sich künstlerisch so ausleben zu können, sei ein großer Luxus, befand Designerin Eva Zimmerbeutel.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort