Historischer „Me Too“-Prozess: Berufungsgericht hebt Urteil gegen Harvey Weinstein auf
EILMELDUNG
Historischer „Me Too“-Prozess: Berufungsgericht hebt Urteil gegen Harvey Weinstein auf

Remscheid Linke Haken gegen die Rechtsradikalen

Remscheid · Der Kölner Kabarettist Philip Simon überzeugte mit wohldosierten Bosheiten aus seinem Programm "Anarchophobia - Angst vor Spinnern". Seine Spielzeugpistole legte er nicht aus der Hand.

 Immer die Spielzeugpistole in der Hand. Der Kabarettist Philip Simon beim Auftritt in der Klosterkirche.

Immer die Spielzeugpistole in der Hand. Der Kabarettist Philip Simon beim Auftritt in der Klosterkirche.

Foto: Nico Hertgen

Das war mal wieder ein herrlicher Abend voll von treffsicherer Bissigkeit und wohldosierter Bosheit: In der gut gefüllten Klosterkirche war am Donnerstagabend der mehrfach preisgekrönte Kabarettist Philip Simon mit seinem aktuellen Programm "Anarchophobia - Die Angst vor Spinnern" zu Gast. Und der Wahl-Kölner mit niederländischen Wurzeln machte gleich zu Beginn klar, dass er nicht mit Kuschelambitionen nach Lennep gekommen war. Unterstrichen wurde das durch eine Spielzeugpistole, die Simon als Gimmick gar nicht mehr aus der Hand legte. Schließlich ließ sich so viel eindrucksvoller untermalen, was er so zu sagen hatte.

Und das war wahrlich eine ganze Menge. Wobei das letztlich nur ein Euphemismus für "den Finger in die Wunde legen und herzhaft darin herumstochern" ist. Denn der tätowierte Kölner teilte vom ersten Augenblick an aus, servierte rechte und linke Haken in die Gesichter von Pegida, AfD, der BILD-Zeitung, Rechtsradikalismus oder der etablierten Politikerkaste zwischen Horst Seehofer und Sigmar Gabriel. Dabei traf er mit einer derart hohen Frequenz ins Schwarze, dass es einem fast schwindlig wurde. Wenn man sich nicht vor Lachen den Bauch hielt, ehe selbiges im Hals steckenblieb, ob der unschönen Wahrheiten, die hinter den locker-flockigen Sprüchen lauerte.

Wenn es etwa um Selbstmitleid ging. Das sei ja für uns am besten nachvollziehbar, viel einfacher als das Leid der Anderen. "Wie soll ich wissen, wie es sich anfühlt, im Mittelmeer zu ertrinken? Oder wenn Schalke verliert?" Solche Sätze sind böse, keine Frage. Sie halten uns aber auch den Spiegel vor: "Leid hat mit Empathie zu tun. Das haben wir aber auch nur noch einmal im Jahr, um Weihnachten rum, und nur, weil vor 2016 Jahren der erste Linke geboren wurde." Natürlich muss Kabarett überspitzen, muss übertreiben. Es veranschaulicht so schließlich am besten: "Die BILD ernährt mit ihrem Papier das Feuer in den Birnen der Rechtsradikalen", sagte Simon, nur um gleich im Anschluss die scheinheilige Doppelmoral eines Kai Diekmann zu entlarven: "Um Gutes zu tun, muss man erst einmal die Notwendigkeit dafür schaffen. Das hat ein Herr Diekmann sehr gut kapiert - erst die Flüchtlinge anprangern, um dann Hilfsaktionen zu starten."

Das sehr gut gelaunte Publikum nahm Simons Attacken dankbar auf, klatschte begeistert, als der Kabarettist etwa erklärte: "Die einzige Islamisierung des Abendlandes, die ich kenne, ist der Döner. Und daran sind wir selbst Schuld." Und auch Pegida zerlegte Simon in drei Sätzen: "Es gibt Menschen, die haben Angst vor Ausländern, die treffen sich regelmäßig mit anderen Menschen, die Angst vor Ausländern haben. Und lassen sich von wieder anderen lautstark noch mehr Angst vor Ausländern machen. Das ist kein Konzept, das ist Pegida."

Solange es solche wachen Geister gibt wie Philip Simon muss man sich um die vollständige Verdummung des Abendlandes keine Sorgen machen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort