Remscheid Kundenservice auf dem Abstellgleis

Remscheid · Fahrgäste von Abellio beklagen sich über immer häufiger ausfallende oder verspätete Züge der S-Bahn S 7. Das Vertrauen in die Verlässlichkeit des "Müngsteners" ist schwer erschüttert. Das Unternehmen bestätigt Probleme.

 Über die digitale Fahrgastinformation sollen bei Bedarf Verspätungen einzelner Züge oder Ausfälle angezeigt werden. Oft aber werden gar keine oder falsche Meldungen automatisiert übermittelt, sodass Fahrgäste unwissend an den Bahnsteigen zwischen Solingen und Wuppertal auf die S 7 warten.

Über die digitale Fahrgastinformation sollen bei Bedarf Verspätungen einzelner Züge oder Ausfälle angezeigt werden. Oft aber werden gar keine oder falsche Meldungen automatisiert übermittelt, sodass Fahrgäste unwissend an den Bahnsteigen zwischen Solingen und Wuppertal auf die S 7 warten.

Foto: Guido Radtke

Was die Remscheider Jochen Höfer, Ulrike Schatton und Frank Henning eint: Sie stehen seit Jahren fast jeden Tag auf dem Bahnsteig am Hauptbahnhof oder in Lennep und warten auf die S-Bahn "S 7", um zu ihrem Arbeitsplatz nach Düsseldorf zu gelangen. Sie waren froh, dass Abellio nach der Übernahme des "Müngsteners" die miserablen Zeiten mit der Deutschen Bahn auf der Strecke von Wuppertal über Remscheid nach Solingen zunächst beendet hatte. Inzwischen aber fühlen sie sich an das Nahverkehrsdesaster von damals erinnert. Wenn sie morgens aufwachen, stehen sie mit der Ungewissheit auf, ob sie pünktlich zu ihrem Arbeitsplatz kommen und abends wieder nach Hause. "Ich bin ein leidgeprüfter Pendler", sagt Jochen Höfer.

Protokoll eines Berufspendlers: Der Zug der S 7, 8.38 Uhr ab Remscheid Hauptbahnhof, fiel aus - Nachrichten dazu bis 8.30 Uhr Fehlanzeige. Der Zug ab Düsseldorf Hauptbahnhof um 16.57 Uhr fiel aus. Nachrichten dazu gab es nirgendwo bis etwa 17.20 Uhr. Der Zug ab Solingen Hauptbahnhof um 17.42 Uhr fiel aus, keinerlei Nachrichten auf dem Bahnsteig, Zug wird als pünktlich gemeldet. Gesamtreisedauer: statt zwei Stunden über drei Stunden für 36 Bahn- Kilometer je Strecke. Wie so oft in jüngster Zeit war wohl der Defekt eines Fahrzeuges Ursache der Annullierungen.

"Mir ist völlig unverständlich, dass Abellio diesen recht neuen Fahrzeugpark nicht ordnungsgemäß in Betrieb halten kann. Das hegt den Verdacht nicht hinreichender Wartung und Reservehaltung der Fahrzeugflotte. Müsste Abellio Waren transportieren, würde das Unternehmen allenfalls Bruchteile der Vergütung bekommen. Im ÖPNV bleibt dies alles ohne Konsequenzen", formuliert Frank Henning seine Kritik.

Ulrike Schatton kann dies nur bestätigen. Auch sie nutzt täglich die Bahn, um von Remscheid nach Düsseldorf zu fahren. "Es vergeht inzwischen kein Tag mehr, an dem nicht ein Zug ausfällt", sagt Schatton. Kürzlich musste die Richterin auf ein Taxi umsteigen, um in Wuppertal-Oberbarmen den Anschluss zu erreichen. Sie hatte eine wichtige Sitzung, zu der sie nicht zu spät kommen durfte. 40,20 Euro habe sie bezahlt. Die Rechnung schickte sie an Abellio. Das Unternehmen übernimmt eine Mobilitätsgarantie. Sie erhielt ein Schreiben, in dem ihr freudig mitgeteilt wurde, sie bekomme 25 Euro erstattet. Damit ist Ulrike Schatton nicht einverstanden. "Ich soll auf 15,20 Euro sitzenbleiben, weil es Abellio nicht schafft, pünktlich zu sein ?", fragt Schatton. Sie habe versucht, mit einer Sachbearbeiterin zu sprechen. Vergebliche Mühe. Die Mitarbeiterin an der Hotline habe sich als nicht zuständig weggeduckt. Bei der Schlichtungsstelle für den Nahverkehr sei auch kein Durchkommen - trotz vielfacher Versuche.

Jochen Höfer steigt immer häufiger aufs Auto um. Sein Vertrauen in die Verlässlichkeit des Bahnverkehrs ist erschüttert. Häufig steht er am Bahnhof Lennep und erfährt überhaupt nicht oder erst sehr spät, ob ein Zug einfährt oder nicht. "Abellio hat sich seit dem Sommer deutlich verschlechtert", sagt Höfer.

Philipp Liebermann, Pressesprecher des Unternehmens, bestätigt, dass es in den vergangenen Wochen Probleme auf der Strecke der S 7 gegeben habe. Das schlechte Wetter habe unter anderem dazu geführt, dass Abellio-Fahrzeuge mit technischen Probleme zu kämpfen hatten. "Blätter würden sich schon mal in der Klimaanlage festsaugen", sagte Liebermann. Grundsätzlich seien aber alle neun Fahrzeuge plus Ersatzfahrzeug in der Lage, ohne Probleme die Berge zwischen Wuppertal, Remscheid und Solingen herauf- und herunter zu fahren.

Auf die Anzeigetafeln an den Bahnsteigen habe Abellio keinen direkten Einfluss. Die Informationen über Ausfälle und Verspätungen gingen an die Deutsche Bahn, die mit einem automatisierten Programm die Meldungen auf die Tafeln sende. "Wir werden die Hinweise der Fahrgäste weiterleiten", sagte Liebermann.

Abellio wirbt im Übrigen auf seiner Internetseite mit der Goldmedaille für den den ersten Platz im Qualitätsbericht des Zweckverbandes Nahverkehr Westfallen-Lippe (NWL). Wofür Abellio diese Auszeichnung bekommen hat, ist Pendlern wie Jochen Höfer, Ulrike Schatton und Frank Henning schleierhaft.

(RP)
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