Remscheid Konzert wirbt für mehr Pop-Musik in der Kirche

Remscheid · Bei der ersten Remscheider Gospel-Nacht am 18. Juni treten neun Chöre auf. Kantor Christoph Spengler, Pop-Beauftragter des Kirchenkreises Lennep, sieht Nachholbedarf bei den Kirchen.

 Der Gospelchor "Mixed Generation" mit Christoph Spengler bei einem Konzert in der Lutherkirche.

Der Gospelchor "Mixed Generation" mit Christoph Spengler bei einem Konzert in der Lutherkirche.

Foto: Jürgen Moll (Archiv)

Neun Chöre, jeder singt zwanzig Minuten, es gibt keine Doppelungen bei den Liedern. Es soll ein Fest der Stimmen werden. Für die erste Remscheider Gospelnacht hat Kirchenmusiker Christoph Spengler das Gemeindezentrum "Esche" ausgesucht. Lautsprecher stehen nicht auf der Bühne. Nur ein Klavier als Begleitinstrument schafft den musikalischen Rahmen. Spengler gibt zwei Mal den Tastenmann, bei Mixed Generation, dem ältesten Gospelchor Remscheids, und dem Lighthouse Gospelchor aus Löhne. Das Festival ist nicht als Wettbewerb gedacht. Zuhören, Zusammensein, zwischendurch mal draußen eine Curry-Wurst essen. Entspannt und heiter soll es zugehen.

Das stilistische Repertoire geht weit über das hinaus, was man so landläufig unter "Gospel" versteht. Jazz, Blues, Rock und Pop werden erklingen. Und nicht jedes Lied hat auch einen geistlichen Inhalt. Wenn eine besondere Vorliebe für säkulare Songs besteht, darf auch mal einer drunter sein.

Leute auf den Stühlen stehend und den Sängerinnen und Musikern zujubelnd - das freut Christoph Spengler sehr. Doch noch viel lieber ist es dem Kirchenmusiker und Pop-Musikbeauftragten des Evangelischen Kirchenkreises, wenn er einen Zuhörer in den Reihen sieht, dem Tränen die Wangen herunterlaufen. "Dann weiß ich, dann habe ich diesen Menschen mit der Musik berührt", sagt Spengler.

Musik soll berühren. Musik erreicht die Menschen mehr als viele Worte. Auch wenn sie von der Kirchenkanzel kommen. Und wäre es bei einem Kirchgang am Sonntagmorgen nicht häufig erfrischender, von George Harrison (Beatles) "My sweet Lord" zu hören als einen Choral von Buxtehude? "In der Kirchenmusik haben wir bei der Popmusik großen Nachholbedarf", sagt Spengler. Die Menschen haben mehr Lieder von Queen, von Abba, aus der West-Side-Story, Sting, Adele oder Silbermond im Ohr als von Schütz, Bach und anderen Vertretern der klassischen Kirchenmusik. "Die Menschen sind damit aufgewachsen", sagt Spengler. Die Besucher ließen ja ihren Alltag nicht an der Kirchentüre hinter sich.

Mit Pop-Musik drücken die Menschen heute ihre Gefühle aus. Warum also nicht mehr Pop-Musik im Gottesdienst oder bei Kirchenkonzerten wagen?

Für Spengler ist das keine Frage. Er weiß sich auch in einer guten Tradition mit dieser Haltung. "Luther hat es zu seiner Zeit nicht anders gemacht. Er hat geistliche Texte mit damaligen Gassenhauern verbunden", sagt Spengler.

In der Popmusik sieht er noch einen weiteren Vorteil für die Kirche. Mit ihr erreicht man alle Milieus, im Gegensatz zu einem Philharmonischen Konzert der Bergischen Symphoniker. Dort trifft sich meist nur eine spezielle bürgerliche Klientel. "Kirche aber will für alle Menschen da sein, sie ist kein Traditionsverein", sagt der Kantor der Johanneskirchengemeinde.

Spengler verteidigt die Stärken der Pop-Musik, ohne damit die Klassik abwerten zu wollen. Er fühlt sich in beiden Welten zu Hause. Damit die künftigen Kirchenmusiker auch wissen, wie sie einen Jazz-Song und Pop-Hit angemessen auf dem Klavier oder der Orgel begleiten können, arbeitet Spengler auch als Lehrer für den Nachwuchs. Erste Hochschulen für Kirchenmusik stellen sich dem Thema Popmusik. Die erste Remscheider Gospelnacht soll auch Werbung für mehr Popmusik in der Kirche sein.

(RP)
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