Meine Kirche Kleines Gotteshaus mit barocker Pracht

Remscheid · Die Evangelische Stadtkirche Lüttringhausen im historischen Dorfkern ist ein wahres Juwel an kostbaren Details. Küster Jürgen Kammin kennt jeden Winkel und empfiehlt den genauen Blick.

Remscheid: Die prachtvolle Lüttringhauser Stadtkirche
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Die prachtvolle Lüttringhauser Stadtkirche

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Jürgen Kammin ist seit 26 Jahren Küster in der Stadtkirche Lüttringhausen und hat seit vier Jahren das Amt des Baukirchmeisters inne. Er kennt das Gotteshaus aus dem Jahr 1735 bis in den kleinsten Winkel. "Die Kirche ist schon etwas Besonderes", merkt Kammin mit dem Blick auf Kanzel und Orgel an. Vom Haupteingang aus blickt man durch den Mittelgang mit rotem Teppich auf das filigran erarbeitete Werk aus Altar, Kanzel und Orgel. Bis zur Restaurierung der Kirche 1938 versperrten Bänke den Blick auf den Altar und richteten so den Fokus auf die verzierte Kanzel aus Holz.

Das Wort sollte im Mittelpunkt stehen. Das Wort, die Bibel, die Überlieferung über Gottes Offenbarungen und damit nicht zuletzt die Tradition des Erzählens waren das Leitmotiv beim Bau, erzählt der Küster. So ist an der Platte über der Kanzel ein Stern zu sehen, der den Heiligen Geist symbolisiert. Die Platte diente früher als eine Art Lautsprecher, um so das Wort noch deutlicher an die Kirchgänger heranzutragen. An die 1000 Menschen passten dicht gedrängt hinein.

Deshalb war es üblich, sich seinen bestimmten Sitzplatz zu kaufen oder zu mieten. Davon zeugen heute noch eingeritzte Namen an den alten Gebetsbänken auf der Empore. Deren Geländer zieren Bilder der Apostel - und auch ein Abbild Jesu ist zu sehen. Sie stehen sozusagen auf den Säulen aus Holz in Marmoroptik - in der gleichen Höhe wie die Kanzel. "Ich kenne Leute, die schon seit 60 Jahren herkommen und das noch nie gesehen haben", bemerkt Kammin mit einem Schmunzeln.

Verräter Judas ist übrigens nicht dabei. Zeugen der Zeit sind auch die kleinen Häuschen am Eingang. Die Lehnshäuschen gehörten dem Patronatsherren, der die Herrschaft über die Kirche besaß. Hier konnte er recht komfortabel und vom "Pöbel" abgegrenzt sitzen. Zu den Häuschen gehört auch das Familienwappen des Lehnsherren, Friedrich Leopold Christian von dem Bottlenberg. "Da hat man ein Zeitfenster, bekommt eine Vorstellung, wie damals der Glaube gelebt wurde", sagt Kammin.

Auch die pausbäckigen Gesichter an der Kanzel, die für Wohlstand stehen, sind Zeitzeugen eines Lebensgefühls. Vasen mit Lilien an der Orgel sind ein Zeichen in das Vertrauen in Gott, der den Menschen beschützt. Die Präzision in der Handwerkskunst der damaligen Zeit bewundert Kammin. Stunden könnte er über die vielen Feinheiten der Kirche und deren Geschichte sprechen. Oder über den fast einmaligen, noch original erhaltenen Eichen-Glockenstuhl, in dem noch zwei Glocken aus der Entstehungszeit hängen.

Zur Weihnachten werden die Bronzeglocken oben im Turm mit der Hand geläutet. "Das ist ein sehr schöner Klang. Den habe ich als Kind schon gerne gehört", sagt Kammin mit einem Leuchten in den Augen.

(RP)
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