Remscheid Kantorin Ursula Wilhelm öffnet ihr Schätzkästchen der Musik

Remscheid · Im Jahr 1818 erklang in der Kirche St. Nikola im bayerischen Oberndorf bei Salzburg zum ersten Mal das Weihnachtslied "Stille Nacht, heilige Nacht". Es eroberte die Welt und ist bis heute neben "O du fröhliche" das beliebteste Weihnachtslied. In der Evangelischen Stadtkirche Remscheid erklang es am Sonntag im Gemeindegesang mit seinen sechs Strophen durchaus kräftig. Die Kantorin Ursula Wilhelm begann das Abendkonzert mit einer Siziliane und einem Andante von John Stanley, in der ein an Krummhörnerspiel erinnernde Melodie zuerst gemessen und feierlich, im zweiten Satz dann in freundlicher, geläufiger Heiligkeit ertönte.

Variationen auf die Melodie des Weihnachtslied führten in Theophil Forchhammers Fantasie zu warm klingender Akkordik, vielfach unterbrochen von einem aufstrebendem Motiv in jeweils verschiedenen Stufen. Pfarrer Martin Rogalla stellte den Lieddichter Joseph Mohr (1792-1848) vor, der mit seinen Strophen auch politisch Stellung zum Krieg zwischen Bayern und Österreich bezog und den Komponisten Franz Xaver Gruber (1787-1863), der das zweistimmige Lied zuerst mit der Gitarre begleitete. Ursula Wilhelms "Musik-Schätze" waren diesmal romantische Kompositionen: von Josef Gabriel Rheinberger erklang das Intermezzo aus der vierten Orgelsonate mit schönen, klaren Melodiebögen. Samuel de Langes Pastorale war vom Wechsel der Registerfarben geprägt, von arabeskenartigen Melodieverläufen über ruhigem tiefem Bass. In Domenico Zipolis Pastorale schienen sich Akkorde hin und her zu wiegen, öfters durchzogen von übermütigen Hirtenflöten. Eine Variation des Weihnachtsliedes mit nachklingendem, sehr romantisch wirkendem Schluss war Max Birns Weihnachts-Pastorale.

Pfarrer Martin Rogalla las zwischen den Orgelwerken die Weihnachtsgeschichte nach dem Lukasevangelium und Gedichte, von dem Barockdichter Gryphius bis zu Autoren des 20. Jahrhunderts wie Jochen Klepper. Ruhig, in schöner Gelassenheit floss Max Regers Orgelvorspiel zum Lutherlied "Vom Himmel hoch da komm ich her". Schnell und locker variierten Johann Gottfried Walthers zwei Strophen des Verkündigungsliedes. Zum Schluss stellte die Kantorin ein mächtig brausendes Weihnachts-Vorspiel von Gustav Hecht vor. Sie selbst leitete die Vorspiele zum Gemeindegesang mit durchsichtigen Improvisationen in hellen Registerfarben ein. Freundlicher Beifall.

(RP)
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