Die Gesundmacher Im Alter die Lebensqualität erhalten

Remscheid · Dr. Martin Glasneck, Chefarzt der Abteilung Akutgeriatrie und Frührehabilitation am Sana-Krankenhaus in Radevormwald..

 Dr. Martin Glasneck, Chefarzt am Sana-Klinikum in Radevormwald.

Dr. Martin Glasneck, Chefarzt am Sana-Klinikum in Radevormwald.

Foto: Nico Hertgen

Schluckstörungen als Folge zumeist chronischer Erkrankungen sind im Alter weit verbreitet. "Menschen können zum Beispiel aufgrund neurologischer Erkrankungen wie Morbus Parkinson, aufgrund einer Demenz oder nach einem Schlaganfall schlecht schlucken. Dann gibt es aber auch orthopädische Ursachen und gar nicht mal so selten ist ein schlecht angepasstes Gebiss der Auslöser", erklärt Dr. Martin Glasneck, Chefarzt der Abteilung Akutgeriatrie und Frührehabilitation am Sana-Krankenhaus in Radevormwald. Doch sind solche Symptome nicht nur für die Betroffenen unangenehm, sondern können die Gesundheit weiter belasten.

"In die Geriatrie kommen fast 40 Prozent der Patienten in einem Ernährungsmangelzustand", berichtet der Mediziner. Häufiger Grund dafür ist, dass die Menschen das Essen zunehmend vermeiden, weil sie sich verschlucken. Wenn der Schluckreflex beeinträchtigt ist, könne die Nahrung in die Luftröhre gelangen und eine Lungenentzündung auslösen - eine gerade für alte Menschen gefährliche Komplikation. Wenn man aber wisse, bei welchen Speisen die Patienten so reagieren, könne man wirkungsvoll Abhilfe schaffen.

Dazu nutzen Dr. Glasneck und seine Kollegen seit einigen Wochen ein neues, hoch modernes Gerät zur endoskopischen Diagnostik. Eine winzige elektronische Sonde - dünner als ein Wattestäbchen - wird durch die Nase eingeführt, um den Vorgang des Schluckens zu beobachten bzw. aufzuzeichnen. Parallel bietet eine Logopädin Speisen unterschiedlicher Konsistenz an. Dabei lässt sich beobachten, dass die Menschen zum Beispiel Suppen, Püree oder Brei durchaus beschwerdefrei essen können. "Die ursächliche Erkrankung wird natürlich auch behandelt, allerdings können wir vieles wie eine dementielle Veränderung nur aufhalten, aber nicht heilen. Dafür, dass das Schlucken aber wieder mit der für den Patienten optimalen Ernährung klappt, können wir durch die wenig belastende Untersuchung etwas tun", sagt der Facharzt für Innere Medizin, Geriatrie, Rehabilitationswesen und Palliativmedizin. Zudem liefert die Diagnostik mittels Endoskop Erkenntnisse darüber, ob eine Magensonde unter Umständen notwendig ist, wenn der ältere Mensch überhaupt keine Nahrung mehr zu sich nehmen kann. Patienten, die eine längere Zeit intensivmedizinisch behandelt und dabei künstlich beatmet wurden, haben ebenso häufig unter einer Schluckstörung zu leiden. Bei ihnen bestehe indes eine gute Chance, das Schlucken wieder neu erlernen zu können.

"Obwohl sich unsere immer älter werdende Gesellschaft mit einem rasanten medizinischen Fortschritt anfreunden darf, geht es oft darum, einfache und allgemeine, tägliche Lebensqualität wiederherzustellen, die von den Patienten wieder sehnlichst gewünscht wird", so Martin Glasneck. Daher steht am Beginn einer jeden neuen Aufnahme neben einer gründlichen Untersuchung ein ausführliches Gespräch mit den Erkrankten und wenn möglich auch mit den Angehörigen.

"Wir fragen die Menschen nach ihrer Lebenssituation, aber auch nach ihrem Lebensziel. Im Erstgespräch sollte geklärt werden: Wo will der Patient hin?" Je älter die Menschen werden, desto verschiedener seien sie gealtert. Daran müssten sich die Therapieziele orientieren. "Es gibt heute sehr fitte 90-Jährige, die noch Klavierspielen und sogar um die Welt reisen.

Da ist es ein verständliches Ziel, wenn die Sensibilität in den Fingern wieder hergestellt werden soll. Wer weniger beweglich ist und vielleicht unter Schmerzen leidet, möchte sich einfach wieder besser im Sessel umsetzen können. Egal wer kommt - jeder wird individuell mobilisiert", betont der Leitende Arzt. Bei den meisten Senioren stünde der klare Wunsch im Vordergrund: "Ich möchte wieder nach Hause in meine gewohnte Umgebung." Auch daran werde sehr häufig mit Erfolg gearbeitet, wenn die Grunderkrankung und der körperliche und geistige Zustand dies zuließen.

Ein gutes Rezept für ein möglichst gesundes und beschwerdefreies bzw. -armes Altern kann Dr. Glasneck trotz aller Erfahrung nicht nennen. Die genetische Disposition habe sicherlich Einfluss.

"Aber das wahre Geheimnis des Alters habe ich noch nicht entdeckt", sagt er lächelnd. Was er aber in vielen Jahren der Behandlung älterer Patienten sehr wohl festgestellt hat, ist die soziale Komponente und die der eigenen Persönlichkeit. "Die spirituelle Haltung zum Leben scheint eine Rolle zu spielen." Soll heißen: Wer sich aktiv in der Welt erlebt und seinem Leben auch im Alter noch einen Sinn gibt, übersteht Lebenskrisen und auch Krankheiten leichter.

Auch wer eingebettet in die Familie sei, über soziale Kontakte verfüge und sich immer noch kleine oder auch größere Ziele setze, habe eine bessere Chance, auch mit den im Alter häufigen chronischen Erkrankungen fertig zu werden und dabei Lebensfreude zu empfinden. Daher hat das multiprofessionelle Team in der geriatrischen Abteilung ebenso ein wachsames Auge auf Patienten mit einer Depression, die im fortschreitenden Alter nicht selten ist. "Depressive Menschen haben nach einer Krise deutlich mehr Mühe, wieder auf die Beine zu kommen", sagt der Chefarzt. Also müsse auch hier eine gezielte Behandlung erfolgen.

(RP)
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