Remscheid Henkel legt Deutschland auf die Couch

Remscheid · Früherer BDI-Chef kritisiert Euro-Rettung und Wirtschaftspolitik der Bundesregierung. Alfa-Kreisverband lud ein.

 Hans-Olaf Henkel am Remscheider Hauptbahnhof. In der Event-Arena neben dem Parkhaus sprach er über die Folgen der Niedrigzinspolitik.

Hans-Olaf Henkel am Remscheider Hauptbahnhof. In der Event-Arena neben dem Parkhaus sprach er über die Folgen der Niedrigzinspolitik.

Foto: Michael Schütz

Hans-Olaf Henkel ist medien- und öffentlichkeitserfahren, und so weiß der ehemalige Chef des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) auch, dass ein Vortrag durch kleine Anekdoten und flotte Sprüche gewürzt werden muss. "Ich gucke mir Talkshows nicht mehr an, sollten Sie auch nicht machen - es sei denn, ich bin dabei", empfiehlt er den rund 50 Zuhörern. Der frühere Industrievertreter und jetzige Europa-Abgeordnete der neugegründeten Allianz für Fortschritt und Aufbruch (Alfa) ist am Donnerstagabend der Einladung des Kreisverbandes Remscheid seiner Partei in die Event-Arena gefolgt, um über das Thema "Euro/EZB und Niedrigzinspolitik" zu sprechen.

Henkel ist schon seit langem einer der bekanntesten Kritiker des Euro und der deutschen Finanzpolitik. Mit seinen eloquent vorgetragenen Einschätzungen zur Lage der Nation gibt er einen Überblick zum aktuellen Wahlprogramm der Alfa-Partei, zitiert zugleich aber auch aus seinem neuen Buch, das er gemeinsam mit dem deutschen Ökonomen Joachim Starbatty geschrieben hat. Titel: "Deutschland gehört auf die Couch! Warum Angela Merkel die Welt rettet und unser Land ruiniert." Passenderweise liegen gleich mehrere signierte Exemplare am Eingang zum Kauf.

Vor allem an der Kanzlerin arbeitet sich der ehemalige Topfunktionär in seiner gut einstündigen Rede ab. Seine Diagnose: Deutschland hat ein "Rettersyndrom", wegen seiner nationalsozialistischen Vergangenheit leidet das Land auch im 21. Jahrhundert noch an Schuldgefühlen und versucht, dies durch gute Taten in der Innen- und Außenpolitik zu kompensieren. Doch gut gemeint ist eben nicht gut gemacht. Das zeige beispielhaft die Einführung des Euro, eine Währung, die vom damaligen Kanzler Helmut Kohl als "Friedenswährung" bezeichnet wurde. Dabei sei diese Einheitswährung mittlerweile ein Grund für wachsenden Zwist und Unfrieden etwa im Verhältnis zwischen Deutschland und Frankreich, erklärt Henkel.

Das alles klingt durchaus nachvollziehbar, doch auch Henkel bleibt von populistischen Aufwallungen nicht verschont. So bezeichnet er die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin in einer steilen rhetorischen Volte als "zynisch", verweist darauf, dass fast drei Viertel der Flüchtlinge junge Männer seien, die ihre Familien zurückgelassen hätten. Das weckt düstere Assoziationen und bedient diffuse Ängste.

Für den Alfa-Kreisverband Remscheid ist die Veranstaltung eine Chance, auf sich aufmerksam zu machen. Die Partei, die nach der Abspaltung von der rechtspopulistischen AfD entstand, will im kommenden Mai bei der NRW-Landtagswahl antreten. Im Wahlkreis Remscheid-Oberbergischer Kreis III ist Hans Werner Schmitz als Direktkandidat nominiert. Bislang gibt es im Bergischen Städtedreieck erst in Remscheid einen eigenen Alfa-Kreisverband. Die Zahl der Mitglieder ist mit zehn Personen allerdings noch recht übersichtlich.

(RP)
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