Remscheid Gruppe der Chancenlosen wird immer jünger

Remscheid · Sechs Männer sitzen auf Plastik-stühlen um einen Tisch im asphaltierten Hof der Wohnungsnotfallstelle. Aus der Küche zieht der Dampf von Zwiebeln und Reis. Frauen von der SPD-Arbeitsgemeinschaft "Migration und Vielfalt" kochen zum Mittagessen Cili con Carne.

 Kochen für Bedürftige bei der Caritas (v.li.): Maria Goalato, Sakine Demir, Yurdi Kaya und Ute Schlichting.

Kochen für Bedürftige bei der Caritas (v.li.): Maria Goalato, Sakine Demir, Yurdi Kaya und Ute Schlichting.

Foto: Singer

Dieser Ort an der Schüttendelle ist täglicher Treffpunkt für Menschen, die in "unserer Gesellschaft kaum eine Chance haben", sagt Ute Schlichting, Fachbereichsleiterin der Caritas. 365 Menschen betreuen die Sozialarbeiter. Sie bieten ihnen Hilfe in allen Lebenslagen. Es geht um elementare Dinge. Wie komme ich an Geld? Wo gibt es eine Wohnung? Welcher Arzt kann helfen? Gibt es Arbeit? Die Antworten auf diese Fragen sind von Person zu Person unterschiedlich und nicht immer positiv. Ute Schlichting arbeitet seit 25 Jahren als Sozialarbeiterin in Remscheid. Die Lage der Menschen, die aus einem geordneten Leben gekippt sind, sei seit den Hartz-IV-Gesetzen gestiegen. Für viele reiche das Geld hinten und vorne nicht. Gegen Monatsende füllt sich der Frühstücksraum an der Schüttendelle stärker als am Monatsanfang, wenn es gerade frisches Geld gegeben hat. Das Frühstück ist gratis, der Kaffee kostet 40 Cent. Schlichting weiß, für viele ist das die einzige Mahlzeit am Tag. Erschreckend findet sie, dass die Menschen, die am Rande der Gesellschaft leben, immer jünger werden. Die Gruppe der 18 bis 27-jährigen macht nun fast ein Drittel aus.

Drogensüchtige, Alkoholkranke und Menschen mit psychischen Leiden nehmen die Hilfe der Caritas in Anspruch. Viele brauchen eine Wohnung, weil sie nur bei Freunden oder in der Notunterkunft eine wackelige Bleibe haben. Doch wer eine Wohnung bezieht, hat es weiter schwer. Für viele ist der Tag einfach zu lang. Sie haben keine Struktur im Alltag und verfallen so schnell wieder in schädliche Lebensgewohnheiten. Daher freut sich Schlichtung, dass der Landschaftsverband die "ambulante Betreuung in der Wohnung" bezahlt. Die meisten ihrer Klienten haben auf dem Arbeitsmarkt keine Chance. Daher wünscht sich Schlichting, dass in Remscheid ein zweiter oder gar dritten Arbeitsmarkt geschaffen werde für die Chancenlosen. Die Tage in der Schüttendelle haben nicht nur dunkle Seiten. Bei allem sozialen Elend gehe der Humor nicht verloren, sagt Schlichting. Und wenn es Cili con Carne gibt, ist die Stimmung besonders gut.

(RP)
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