Remscheid Gegen den Populismus

Remscheid · Wilfried Schmickler begeisterte das Publikum in seiner "Lieblings-Klosterkirche" mit Beiträgen aus seinem aktuellen Programm "Das Letzte".

Remscheid: Gegen den Populismus
Foto: Jörg Knappe (Archiv)

Gleich der erste Gag saß perfekt: "Ich habe mich vor etwa fünf Monaten mit einer kleinen Firma selbstständig gemacht", sagte Wilfried Schmickler, nachdem er in der fast ausverkauften Klosterkirche am Dienstagabend ganz selbstverständlich durch den Publikumseingang hereingekommen war und für die kommenden zwei Stunden seine Bühne in Beschlag genommen hatte.

Dann lächelte er süffisant, fügte hinzu: "Und die habe ich immer dabei." Und stellte einen Briefkasten auf den Boden. Damit war die Stimmung für den weiteren Abend mit dem immer noch aktuellen Programm "Das Letzte" eingepegelt, so dass Schmickler dem ebenfalls bestens gelaunten Publikum nur noch ein paar Handreichungen für einen gelungenen Kabarettabend mit auf dem Weg gab: "Es gibt bessere Orte als diesen für ein ausführliches Paargespräch. Die Pointe wird nicht vorweggenommen - denken Sie an Ihren unwissenden Sitznachbarn. Und fotografiert wird nur während des ersten blöden Trump-Witzes." Der war dann zwar tatsächlich eher flach, aber dafür saß die Mimik für das Erinnerungsfoto.

Dabei war es nicht nur lustig, worüber der Kabarettist aus Köln zu referieren wusste. Richtig ernst wurde Schmickler etwa, als er über die verbalen Entgleisungen von Rechtsaußen in Richtung Bundeskanzlerin sprach. Dabei sei er gar kein großer Freund Merkels: "Ich gehörte noch nie zum Fanclub der Kanzlerin. Aber was diese Frau derzeit erdulden muss, geht zu weit", fand Schmickler deutliche Worte und ergänzte: "Früher war die Gürtellinie mal der Punkt, unter den man nicht absank. Ein bisschen mehr Respekt, meine Herrschaften Vollpatrioten." Aber Respekt sei ja, ähnlich wie Tugend, Moral und Anstand, ein Wert, der in dieser Szene nichts mehr gelte.

Schmickler ist eben durch und durch der alte, latent linke Politkabarettist, der dem Populismus in toto den Kampf angesagt hatte. Und so bekam auch der "irre Greis Gauland" sein Fett ab - in einem herrlich kaskadenhaft dargebotenen Schmähgedicht. Manchmal durfte es auch einfach plakativ sein: "Das Wasser trüb, die Luft ist rein, Björn Höcke muss ertrunken sein." Aber Schmickler steckte nicht nur den Finger tief in die Wunden von Politik und Gesellschaft, er tat dies vor allem so gekonnt und witzig, dass man trotz bitterer Wahrheiten das Lachen nicht unterdrücken konnte.

Dass nun ein Künstler zur Begrüßung betont, wie sehr er sich über den Auftritt in dieser und jener Stadt freue, gehört zum allgemeinen Bühnenrepertoire. Schmickler nahm man indes ab, dass er glücklich darüber sei, wieder in "meiner Lieblings-Klosterkirche in meinem Lieblings-Lennep" zu sein - weil er zu jeder Sekunde des Auftritts eine so große Freude an seiner Arbeit ausstrahlte und dabei ganz und gar authentisch wirkte - sowohl bei seinen Exzerpten aus dem "Tagebuch eines Gratwanderers", den Liedern wie "Der kleine Mann und seine kleine Frau" oder "In der Bar zum Garten Eden" und natürlich auch in seinen meinungsstarken Beiträgen zum durchgeknallten Weltgeschehen. Dem Publikum wird schlagartig klar, wie gut und wichtig Stimmen wie die Schmicklers sind. Heute mehr denn je.

(RP)
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